Tiefstand bei Hochzeiten - Hoch bei Geburten

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Deutschland,

Nur 357.800 Paare haben im zweiten Corona-Jahr geheiratet, weniger waren es nur während des Ersten Weltkrieges. Dafür wurden 2021 mehr Kinder geboren. Sind das jetzt die vielzitierten Corona-Babys?

Ein Brautpaar während der Trauung in einer  Kirche in Schiltach.
Ein Brautpaar während der Trauung in einer Kirche in Schiltach. - Silas Stein/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Corona hat in Deutschland die Zahl der Eheschliessungen auf ein historisches Rekordtief fallen lassen.

Dafür kamen im zweiten Corona-Jahr so viele Kinder zur Welt wie seit 1997 nicht mehr.

Das geht aus vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, die am Donnerstag in Wiesbaden veröffentlicht wurden. Nach Ansicht der Soziologin Michaela Kreyenfeld von der Berliner Hertie School zeigt das unter anderem, dass Heiraten und Kinderkriegen in Deutschland nicht mehr unbedingt zusammenhängen.

Ohne Event keine Hochzeit

Nur 357.800 Paare haben im vergangenen Jahr geheiratet. Das waren noch einmal 4,2 Prozent weniger als 2020. Bereits im ersten Corona-Jahr war die Zahl um 10,3 Prozent gesunken. Weniger Eheschliessungen gab es lediglich während des Ersten Weltkriegs in den Jahren 1915 bis 1918, für die Kriegsjahre 1944 und 1945 liegen keine Daten vor.

Dass das an den Einschränkungen während der Pandemie lag, liegt für Kreyenfeld auf der Hand: «Hochzeit ist mehr ein Event geworden.» Und ohne Event keine Hochzeit. Überrascht hat Kreyenfeld, dass es nach dem strengeren Lockdown 2020 «2021 keinen grösseren Nachholeffekt gegeben hat».

Allerdings könnte ein Teil des Rückgangs auch der Tatsache geschuldet sein, dass es demografisch bedingt weniger Menschen in der Altersgruppe gibt, in der die meisten heiraten. Darauf deutet auch hin, dass der Rückgang der Eheschliessungen im Osten Deutschlands stärker ausgeprägt war als im Westen. «Hierzu kann auch beigetragen haben, dass in Ostdeutschland derzeit die Zahl der Menschen im Alter um 30 Jahre abnimmt», erklärten die Wiesbadener Statistiker.

Geburtenzahl um zwei Prozent gestiegen

Im Gegensatz zu den Eheschliessungen stieg die Zahl der Geburten. 2021 wurden den Standesämtern in Deutschland rund 795.500 neu geborene Kinder gemeldet. Damit stieg die Geburtenzahl laut Bundesamt im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2020 um zwei Prozent.

Dabei waren zwei Punkte auffällig. Viele Familien, die bereits zwei Kinder hatten, entschieden sich während Corona, ein weiteres Kind zu bekommen. «Deutschlandweit war eine Zunahme der Geburten der dritten Kinder zu beobachten», berichtete das Bundesamt.

Ausserdem verteilten sich die Geburten nicht gleichmässig: Februar und März sowie Oktober und November gab es deutlich mehr Geburten als im Durchschnitt der drei vorherigen Jahre. Von Mai bis Juli 2021 lag die Geburtenzahl dagegen leicht darunter.

Martin Bujard, Forschungsdirektor beim Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, sieht hier einen Corona-Effekt am Werk: Die zwei Geburtenwellen fallen zusammen mit neun Monaten nach dem Ende des ersten und des zweiten Lockdowns. Von einem «Corona-Babyboom» will Bujard aber nicht sprechen, dafür sei der Anstieg zu gering.

Kleiner Cocooning-Effekt

«In vielen Ländern, besonders in Südeuropa, aber auch in den USA, sind die Geburtenzahlen in der Pandemie in einzelnen Monaten massiv zurückgegangen. In Deutschland sehen wir das nicht», sagt Bujard. Während in anderen Ländern ökonomische Ängste manche Paare vom Kinderkriegen abgehalten haben, haben in Deutschland sozialpolitische Instrumente wie das Kurzarbeitergeld das verhindert.

Ausserdem gebe es «einen kleinen Cocooning-Effekt», glaubt Bujard: Paare hätten viel Zeit miteinander verbracht, die Bedeutung der Familie sei in den Lockdowns gewachsen.

Allerdings liessen sich absolute Zahlen immer nur schwer interpretieren, betont Kreyenfeld: Aussagekräftiger als die Geburtenzahl wäre die Geburtenrate. Sie berücksichtigt die Anzahl und das Alter der Frauen, die in Deutschland leben. 2020 lag die Geburtenrate in Deutschland bei 1,53 Kindern pro Frau. Diese Daten veröffentlicht das Statistische Bundesamt aber erst Mitte des Jahres.

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