Tschechien wirft Dutzende russische Diplomaten aus dem Land

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Russland,

Droht ein Kalter Krieg zwischen Prag und Moskau? Auslöser sind Vorwürfe, Russland habe hinter Explosionen in einem Munitionslager in Tschechien gestanden. Dutzende russische Vertreter müssen Prag verlassen.

Protestplakat am Zaun der russischen Botschaft in Prag. Foto: Petr David Josek/AP/dpa
Protestplakat am Zaun der russischen Botschaft in Prag. Foto: Petr David Josek/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach Verstreichen eines Ultimatums an Russland hat Tschechien faktisch die Ausweisung von bis zu 70 russischen Diplomaten und Botschaftsmitarbeitern beschlossen.

Der neue Aussenminister Jakub Kulhanek gab dem Kreml am Donnerstag bis Ende Mai Zeit, die Grösse seiner Vertretung in Prag auf das Niveau der tschechischen Botschaft in Moskau zu reduzieren. Derzeit hat Tschechien nur noch 24 Botschaftsangehörige in Moskau, darunter fünf Diplomaten. Russland hat in Prag aber 94 Botschaftsmitarbeiter, darunter 27 Diplomaten.

Prag hatte den Kreml erfolglos aufgefordert, die Rückkehr aller vor wenigen Tagen ausgewiesenen tschechischen Diplomaten an die Moskauer Botschaft zu ermöglichen. Die Vertretung gilt als kaum noch arbeitsfähig. «Tschechien ist ein selbstbewusstes Land und verhält sich demgemäss», sagte Kulhanek. Der 36-Jährige ist erst seit Mittwoch Chefdiplomat des Nato- und EU-Mitgliedstaats.

Das Aussenministerium in Moskau kündigte umgehend Gegenmassnahmen an. In einer Mitteilung forderte Moskau, Prag solle sein Personal in der Botschaft weiter reduzieren. Eine Zahl wurde aber nicht genannt. «Prag hat den Pfad der Zerstörung der Beziehungen eingeschlagen, die Antwort wird nicht lange auf sich warten lassen», sagte die Sprecherin Maria Sacharowa der Agentur Interfax zufolge.

Der politische Konflikt begann am Samstag mit schweren Anschuldigungen Tschechiens. Prag wirft russischen Geheimdiensten vor, für Explosionen in einem Munitionslager in Vrbetice im Osten des Landes im Jahr 2014 verantwortlich zu sein. Dabei waren zwei Menschen gestorben. Ministerpräsident Andrej Babis nannte es einen «beispiellosen terroristischen Anschlag».

Die tschechische Polizei fahndet nach zwei Russen, die auch im Zusammenhang mit dem Nervengiftanschlag in Salisbury vom März 2018 gesucht werden. Bei dem Fall in England starb eine unbeteiligte Frau durch Kontakt mit dem Gift. Nach einem Bericht des Magazins «Respekt» soll es sich in Vrbetice um eine grösser angelegte Aktion gehandelt haben, an der mindestens vier weitere Agenten beteiligt gewesen seien. Unter anderem sei ein hochrangiger russischer Geheimdienstoffizier zur fraglichen Zeit nach Wien geflogen.

Ein Kremlsprecher sprach zuletzt von absurden und völlig unbegründeten Anschuldigungen. Beide Länder wiesen bereits am Wochenende gegenseitig Botschaftsangehörige aus - Prag 18 Russen und Moskau 20 Tschechen. Beobachter sprechen vom schwersten Konflikt zwischen beiden Staaten seit Jahrzehnten.

Aus Solidarität mit Tschechien weist die benachbarte Slowakei drei russische Diplomaten aus. Sie hätten sieben Tage Zeit, das Land zu verlassen, sagte Ministerpräsident Eduard Heger der Agentur TASR zufolge. Die Agentur Interfax meldete unter Berufung auf diplomatische Quellen, dass Russland sich das Recht einer Antwort vorbehalte. Dieser Schritt der Slowakei sei unbegründet.

Tschechien hat im Streit mit Russland die Unterstützung der Nato-Partner zugesichert bekommen. «Die Verbündeten bringen ihre tiefe Besorgnis über die destabilisierenden Massnahmen zum Ausdruck, die Russland weiterhin im euro-atlantischen Raum (...) durchführt», hiess es in einer in Brüssel veröffentlichen Mitteilung der Nato-Staaten. Man stehe uneingeschränkt solidarisch an der Seite der Tschechischen Republik.

Der deutsche Aussenminister Heiko Maas (SPD) bot seinem neuen tschechischen Amtskollegen Jakub Kulhanek am Donnerstag in einem Telefonat Unterstützung an, um die Arbeitsfähigkeit der Botschaft zu sichern. «Die tschechische und die deutsche Botschaft in Moskau stehen hierzu bereits in direktem Kontakt», hiess es dazu aus dem Auswärtigen Amt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte Tschechien in einem Telefonat mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babis ebenfalls Solidarität zu.

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