Ukraine: Drohungen um dritten Weltkrieg sind «Schwachsinn»
Immer wieder warnt Putin vor einem dritten Weltkrieg, falls der Westen die Ukraine weiter unterstützt. «Angstmacherei», findet Osteuropa-Experte Nicolas Hayoz.
Das Wichtigste in Kürze
- Droht nach der neusten Eskalation in der Ukraine ein dritter Weltkrieg?
- Geht es nach Donald Trump Jr. oder der russischen Elite, sorgt Biden genau dafür.
- Das sei «Schwachsinn» und «Angstmacherei», urteilt Osteuropa-Experte Nicolas Hayoz.
- Von einem dritten Weltkrieg könne nicht gesprochen werden, so der Politikwissenschaftler.
Die Ukraine hat am Dienstag erstmalig amerikanische ATACMS-Raketen nach Russland abgefeuert. Erst zwei Tage zuvor erteilte US-Präsident Joe Biden die Erlaubnis zum Einsatz der Langstreckenraketen. Sie sollen im russischen Gebiet Kursk eingesetzt werden – auch gegen die dort stationierten nordkoreanischen Soldaten.
Russland hingegen erhält als Gegenwehr wohl bald Drohnen aus China, legen Geheimdienstberichte nahe.
Die USA beliefern also die Ukraine, in Russland sind nordkoreanische Soldaten stationiert und chinesische Drohnen sollen Putin den Sieg bringen. Ein weiterer Beweis: Der Ukraine-Krieg hat globales Ausmass.
Dementsprechend gross ist in Europa die Angst vor einem dritten Weltkrieg. Steht die Welt kurz vor einem verheerenden Konflikt?
Trump Junior hat keine Ahnung vom Problem in der Ukraine
Die russische Elite übernimmt dieses Narrativ gerne. Auch Donald Trump Junior, Sohn des designierten US-Präsidenten, warf Joe Biden vor, «den dritten Weltkrieg starten zu wollen».
Osteuropa-Experte Nicolas Hayoz hält wenig von den Aussagen des Trump-Sprösslings. Zu Nau.ch sagt er, sie seien «nichts Anderes als Schwachsinn». Der Politikwissenschaftler der Universität Fribourg stellt klar: «Von einem dritten Weltkrieg sollte man nicht reden.»
Trump Junior habe keine Ahnung vom Problem in der Ukraine. «Er hat wie viele andere auf der rechten beziehungsweise linken Seite ein ‹falsches Bewusstsein›», so Hayoz.
Putins krimineller Krieg soll kaschiert werden
Auch bei der russischen Elite gehe es um nichts Anderes als «Angstmacherei». Bidens Entscheid sei lediglich eine Antwort auf die Eskalation durch Russland. Der Osteuropa-Experte sagt: «Auf der russischen Seite ist es einfach zynisches Kalkül gepaart mit Lügen, mit denen der kriminelle Krieg Putins kaschiert werden soll.»
Bei den amerikanischen Sympathisanten Russlands – wie etwa Trump Jr. – gehe es entweder um Naivität, Blindheit oder ein Entgegenkommen in Richtung Aggressor.
«Globale Auswirkungen von Kriegen sind kein Weltkrieg»
Von einem Weltkrieg könne erst gesprochen werden, wenn es um einen mehrere Kontinente umspannenden Krieg zwischen grossen Mächten gehe. «Davon kann hier nicht die Rede sein», beruhigt Hayoz.
Der Ukraine-Krieg habe zwar globale Auswirkungen, aber es gehe nicht um eine grosse interkontinentale Konfrontation. Doch: «In der Tat sieht man hier Verflechtungen, wie man sie bisher nicht gesehen hat.» Beispielsweise die nordkoreanischen Soldaten, die erstmalig in Europa seien.
Doch es gehe der «Achse der Autokraten» – also Putin und Co. – darum, ihre Diktaturen aufrechtzuerhalten und zu expandieren. «Dem muss sich der Westen mit allen Mitteln entgegensetzen, wenn er seine Werteordnung bewahren will», so der Osteuropa-Experte.
Diese notwendige Gegenwehr habe «nichts mit Weltkrieg zu tun». Es gehe um die Frage, wie man autokratische Mächte – wie Russland – abschreckt. Hayoz betont: «Globale Auswirkungen von Kriegen sind kein Weltkrieg.»