Im Ukraine-Krieg könnte das Minsker Abkommen zu Friedensgesprächen führen. Ein Experte erklärt, was hinter der Einigung zwischen Kiew und Moskau steht.
Ukraine-Konflikt Minsker Abkommen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Osten der Ukraine herrscht seit Jahren Krieg.
  • Nach dem Minsker Abkommen wachsen Hoffnungen auf neue Friedensgespräche.
  • Ein Experte erklärt, was es mit dem Abkommen auf sich hat.
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2014 kam es in der Ukraine zur Eskalation. In der Folge trennten sich zwei Gebiete, Donezk und Luhansk vom osteuropäischen Land ab und ernannten sich zu Volksrepubliken.

Fünf Jahre später findet nun ein Dialog statt: Das Minsker Abkommen zur Befriedung könnte umgesetzt werden. Nau hat bei Mykhailo Minakov nachgefragt, was die Einigung bedeutet. Der Forscher setzt sich intensiv mit der Ukraine auseinander.

Nau.ch: Wie ist diese Einigung zwischen der ukrainischen Regierung und den prorussischen Rebellen zu werten?

Mykhailo Minakov: Um kurz auszuholen: Das Minsker Abkommen wurde 2014 ins Leben gerufen, kurz nachdem es zum Konflikt kam. An Bord waren nebst der Ukraine Deutschland, Frankreich, die USA sowie Russland.

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Eine Frau inspiziert ihr im Ukraine-Krieg zerstörtes Haus im Donbass-Gebiet in Donezk. - keystone

In der Folge unterschrieb die ukrainische Regierung das Abkommen unter Ex-Präsident Poroschenko, doch das Protokoll war zu vage. Deswegen wurde 2015 das Minsker Protokoll zur Konkretisierung ins Leben gerufen. Ein Jahr später einigte man sich bei der «Steinmeier-Formel» darauf, wie man für das unkontrollierte Donbass-Gebiet legitime Repräsentanten schaffen kann.

Nau.ch: Was passierte dann?

Mykhailo Minakov: Poroschenko erfüllte die Forderungen nicht. Grund war, dass Poroschenko für eine Mehrheit im Parlament die Unterstützung einer Partei brauchte, die gegen das Abkommen war. Der neue Präsident Selenskyj ist darauf nicht mehr angewiesen. Im Oktober findet ein nächstes Treffen statt, dann wird mehr Klarheit herrschen.

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Der Forscher Mykhailo Minakov setzt sich intensiv mit der Ukraine auseinander. - zVg

Nau.ch: Ist also Frieden in Sicht?

Mykhailo Minakov: Man muss abwarten. Das Problem könnten die Truppen der Separatisten sein. Diese sind nur wenig diszipliniert. Die ukrainischen Truppen werden sich wie geplant verschieben, bei den Separatisten bin ich mir da nicht so sicher.

Zudem müssten im Donbass Wahlen nach ukrainischem Gesetz organisiert werden, um legitime Repräsentanten zu wählen. Ich bezweifle, dass die Separatisten dies zustande bringen.

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Karte Ukraine mit den Separatistengebieten (90 X 103mm hoch) vom 02. Oktober 2019. - Keystone

Nau.ch: Was sind nun die nächsten Schritte?

Mykhailo Minakov: Die Steinmeier-Formel, die nun eingeführt werden soll, sieht drei Punkte vor. Unter anderem sollen die Truppen an drei neuralgischen Punkten auseinander gehen, damit es zu keinen neuen Zusammenstössen kommt. Führt das Treffen im Oktober zu einem Erfolg, könnte es definitiv zu einer Beruhigung der Situation führen. Doch das Abkommen ist auch in der Ukraine umstritten.

Nau.ch: Gerät der ukrainische Präsident Selenskyj nun unter Druck?

Mykhailo Minakov: Die Separatisten sind deutlich unzufriedener – sie haben, so gesehen, verloren und werden wieder Teil der Ukraine. Jedoch gibt es Parallelen zum Friedensvertrag von Versailles nach dem ersten Weltkrieg. Es ist ein Frieden, der von den Eliten ausgemacht wurde. Das birgt die Gefahr, das niemand glücklich ist und daraus neue, feindliche Gruppierungen entstehen.

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Präsident Selenskyj inspiziert Waffen der ukrainischen Armee. - Keystone

Nau.ch: Warum hat es so lange gedauert, einen Fortschritt zu erzielen?

Mykhailo Minakov: Die politischen Eliten Kiews, Moskaus, aber auch jene in Brüssel, Berlin, Paris und Washington, waren für eine Eignung nicht bereit. Doch das hat sich nun geändert. Es ist aber ein komplexes Problem, dass nicht in den Hauptstädten gelöst werden kann.

Dafür bräuchte es mehr Dialog – doch der findet aktuell nicht statt. Es bräuchte Änderungen auf der Verfassungsebene, aber auch in der Form von internationalen Vereinbarungen.

Nau.ch: Wie könnte die Zukunft aussehen?

Mykhailo Minakov: Es gibt im Grunde zwei Szenarios: Ein Gutes und ein Schlechtes, wobei das Letztere deutlich realistischer scheint. In Osteuropa gibt es aktuell sechs De-Facto-Staaten mit vier Millionen Einwohnern. Dies sind deutlich mehr als noch vor einigen Jahren.

Das ist eine Bedrohung für den Frieden und die Demokratie in ganz Europa. Die EU sollte nun den Dialog verstärken.

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