Ukraine-Krieg: 98-Jährige flieht zu Fuss vor Putins Armee
Die russische Armee hat im Ukraine-Krieg das Dorf Otscheretyne eingenommen. In allerletzter Minute konnte eine 98-Jährige noch fliehen – zu Fuss.
Das Wichtigste in Kürze
- Kurz vor der Einnahme ihres Dorfs ist eine 98-jährige Ukrainerin zu Fuss geflohen.
- Lydia Lominowska legte etwa zehn Kilometer zu Fuss zurück, ehe sie gefunden wurde.
- Sie sei einfach immer weiter gelaufen, erzählt die fast Hundertjährige im Nachhinein.
Eine fast hundertjährige Ukrainerin ist der Armee von Kremlchef Putin zu Fuss entkommen. Mit nichts als einem alten Brett als Gehhilfe floh sie aus ihrem Heimatdorf Otscheretyne in der Ostukraine. «Ich bin gelaufen und gelaufen. Gelaufen, immer weiter gelaufen», erzählt sie der Nachrichtenagentur AFP von ihrer Flucht im Ukraine-Krieg.
Otscheretyne war einst die Heimat von 3000 Menschen und wurde seit Tagen von Russlands Streitkräften bombardiert. Trotz des Krieges blieb die 98-jährige Lydia Lominowska dort – praktisch bis zum letzten Moment. Als das Dorf bereits zur Hälfte eingenommen war und in Flammen stand, entschied sie sich zur Flucht.
Von ihrem Haus im Zentrum des Dorfes machte sich Lydia auf den Weg in Richtung der Ortschaft Pokrowsk. Sie liegt über 30 Kilometer entfernt. «Ich habe so gelitten, Gott, ich war so müde!», erinnert sie sich.
Mit ihrem improvisierten Stock ging Lydia stundenlang eine verlassene Strasse entlang. Begleitet wurde sie nur vom Geräusch der Schüsse im Hintergrund: «Ich dachte, sie würden auf mich schiessen, aber da war niemand.»
Auf ihrem Weg begegnete sie den Schrecken des Krieges hautnah – Ruinen und Leichen säumten ihren Pfad. «Ein Soldat lag da, schon tot, zumindest war er zugedeckt. Und der andere lag einfach so da», berichtet sie.
Nächster Ort im Ukraine-Krieg zerstört
Nach mehreren Stunden und rund zehn Kilometer stiess Lydia schliesslich zwei ukrainische Soldaten in einem Auto: «Grossmütterchen, wo läufst du hin?», fragten sie. Ihre Antwort: «Ich laufe, solange ich kann, und dann falle ich in die Wiese und schlafe.» Die Soldaten alarmierten die Polizei, die die 98-jährige Ukrainerin sicher nach Pokrowsk brachte.
Lydias Heimatdorf Otscheretyne ist im Ukraine-Krieg zerstört worden – ein trauriges Schicksal, das viele umliegende Dörfer teilen. «Was Otscheretyne anbelangt, so ist der Feind durchgebrochen und hat sich in dieser Ortschaft festgesetzt», sagte der Sprecher der an dem Abschnitt kämpfenden Armeegruppe «Chortyzja», Nasar Woloschyn, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine.