Ukraine-Krieg: Das könnte hinter Putins Waffenstillstand stecken
Kremlchef Putin ist offenbar für einen Waffenstillstand bereit. Ein Experte befürchtet, dass die Ukraine plötzlich als Kriegstreiber dastehen könnte.
Das Wichtigste in Kürze
- Berichten zufolge ist Putin unter gewissen Bedingungen zu einem Waffenstillstand bereit.
- Diesen wird Kiew aber wohl nicht akzeptieren, vermuten hochrangige US-Beamte.
- Experten befürchten, dass die Ukraine plötzlich als Kriegstreiber dastehen könnte.
Seit 22 Monaten dauert der Ukraine-Krieg bereits an. Gegen aussen gibt sich der russische Präsident Wladimir Putin stets kämpferisch. «Wir werden nicht aufgeben, was uns gehört», sagte der Kremlchef kürzlich erst.
Doch hinter den Kulissen sieht das anders aus. Putin soll gar zu einem Waffenstillstand bereit sein, wie die «New York Times» unter Berufung auf mehrere Quellen berichtete. Was steckt dahinter?
Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler glaubt, dass es sich um eine Art Test handeln könnte, wie er gegenüber «Focus» erklärt.
«Russische Führung erschiene im besseren Licht»
«Es könnte auch ein Versuchsballon sein, um zu sehen, was sich wo und bei wem auch immer tut, wenn ein Ende der Kampfhandlungen in Aussicht gestellt wird.»
Ein weiterer Zweck Putins könnte die internationale Deutung sein. Denn während Moskau eine Waffenruhe fordert, dürfte Kiew ablehnen. Der Experte erläutert: «Mit einem Mal würde dann die Ukraine in Teilen der europäischen und der US-amerikanischen Öffentlichkeit als Kriegstreiber dastehen.»
Ähnlich sieht das auch Gerhard Mangott. Er ist Professor für Politikwissenschaft mit Fokus auf den Bereich Internationale Beziehungen und Sicherheit im postsowjetischen Raum. Gegenüber «Focus» meint er: «Die russische Führung erschiene in einem besseren Licht in der westlichen Öffentlichkeit.»
Der Experte befürchtet, dass es dadurch auch zu Unruhen innerhalb der Ukraine kommen könnte. Denn während einige kriegsmüde sind, wollen andere alle Gebiete, die unter russischer Kontrolle stehen, befreien.
Mangott sieht darin deshalb einen Versuch, «einen Keil in die ukrainische Gesellschaft zu treiben und die Debatten, die dort begonnen haben und in denen Selenskyj zunehmend unter Druck gekommen ist, politisch auszunutzen».
Ukraine dürfte Waffenstillstand ablehnen
Laut dem Bericht der «New York Times» gehen hochrangige US-Beamte nicht davon aus, dass ein Waffenstillstand zustande kommen wird. Denn Putin setzt dafür bestimmte Bedingungen voraus, die Kiew wohl nicht akzeptieren würde.
So will der Kremlchef, dass im Gegenzug zur Waffenruhe die Kämpfe eingefroren werden. In diesem Fall würde die Ukraine rund 20 Prozent an Territorium verlieren. Eine Einigung scheint daher eher unwahrscheinlich.