Ukraine Krieg: Opfert Selenskyj in Bachmut seine Leute?

Nicola Wittwer
Nicola Wittwer

Ukraine,

Bachmut ist im Ukraine-Krieg seit Monaten hart umkämpft. Während Experten einen ukrainischen Rückzug begrüssen würden, schickt Selenskyj Verstärkung.

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Die ostukrainische Stadt Bachmut wird seit über einem halben Jahr hart umkämpft. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Sowohl die Ukraine als auch Russland wollen weiterhin um Bachmut kämpfen.
  • Im Westen ist man der Ansicht, die Stadt habe strategisch keine grosse Bedeutung.
  • Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj hat aber weitere Unterstützung angekündigt.

Die heftige Schlacht um Bachmut ist schon über ein halbes Jahr im Gang. Russland versucht im Ukraine-Krieg energisch, die Stadt mit einst 75'000 Einwohnern im Osten der Ukraine einzunehmen. Beide Seiten beklagen viele Tote.

Trotz Gebietsverlusten und drohender Einkesselung haben sich die ukrainischen Streitkräfte bisher gewehrt. Doch wie lange noch?

ukraine krieg
Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj will seine Truppen trotz Gebiets- und Personalverlusten nicht aus Bachmut zurückziehen. - keystone

Nach und nach werden Stimmen lauter, die einen Rückzug aus Bachmut aus Sicht der Ukraine für sinnvoller halten als ein Verbleib. Die Stadt sei nur symbolisch von Wichtigkeit, strategisch aber nicht.

Streit in ukrainischer Führung?

Wolodymyr Selenskyj jedoch hält im Ukraine-Krieg weiter an der «Festung» Bachmut fest. In einer am Montagabend verbreiteten Videobotschaft sagte der ukrainische Präsident, man habe einhellig entschieden, sich nicht zurückzuziehen, sondern die Truppen zu verstärken.

Zuvor hatte er sich mit Generälen zur Besprechung der Lage um die Stadt im Gebiet Donezk getroffen.

Selenskyj reagierte damit auch auf Berichte über Uneinigkeit in der ukrainischen Führung. Die deutsche «Bild» hatte am Montag unter Berufung auf Quellen aus der ukrainischen Führung davon berichtet.

Demnach sei es zwischen Selenskyj und seinem wichtigsten General, Walerij Saluschnyj, zum Streit gekommen. Der Armeechef befürworte, anders als sein Präsident, einen Rückzug aus Bachmut.

US-Aussenminister: Rückzug kein «strategisch bedeutender Rückschlag»

Diese Ansicht vertreten mehr und mehr auch westliche Experten und Analysten. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin spielte zuletzt die Wichtigkeit der Stadt herunter. Ein Rückzug wäre im Ukraine-Krieg kein «strategisch bedeutender Rückschlag», wird Austin am Montagabend vom Institute for the Study of War (ISW) zitiert.

Die in Washington ansässige Denkfabrik selbst bezeichnet Bachmut ebenfalls als «weder operativ noch strategisch von besonderer Bedeutung». Für die russischen Kräfte sei die Einnahme der Stadt «notwendig, aber nicht hinreichend für weitere Vorstösse im Gebiet Donezk».

Der Ukraine gelingt es in Bachmut eigenen Angaben zufolge trotz Gebietsverlusten, den russischen Angreifern erhebliche Verluste zuzufügen. Wie das ISW unter Berufung auf Berichte schreibt, wäre dies aber auch «bei einem hohen Verhältnis zwischen russischen und ukrainischen Verlusten zum Nachteil der Ukraine».

Ein schneller Rückzug aus Bachmut sei jetzt aber auch «unwahrscheinlich», so das ISW am Sonntag. «Sie könnten einen schrittweisen Rückzug anstreben, um die russischen Streitkräfte durch fortgesetzte Kämpfe in den Städten zu erschöpfen.»

Russland will im Ukraine-Krieg Erfolg vorweisen

Seit die russischen Truppen aus dem Gebiet Charkiw vertrieben wurden, ist die strategische Bedeutung von Bachmut gesunken. Bei einem Fall der Stadt wäre die Gefahr einer Einkesselung im Gebiet um die naheliegenden Städte Slowjansk und Kramatorsk für die Ukraine geringer.

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Kann Kreml-Chef Wladimir Putin im Ukraine-Krieg bald einen Erfolg vorweisen? - keystone

Der Kreml hingegen hätte bei der Einnahme Bachmuts mal wieder einen symbolischen Erfolg vorzuweisen. «Dies würde in Russland signalisieren, dass man den toten Punkt überwunden hat und wieder in einen Bewegungskrieg übergehen kann», sagte Experte Ulrich Schmid zuletzt zu Nau.ch.

Vor dem Krieg lebten in Bachmut rund 75'000 Einwohner. Seit den Kämpfen wurde die Stadt fast komplett zerstört. Offiziellen Angaben zufolge leben noch etwa 5000 Zivilisten in den Ruinen.

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