Ukraine-Krieg: Russen verbrennen täglich Gas für zehn Mio. Franken
Neue Erkenntnisse im Ukraine-Krieg: Wie neue Analysen und Satellitenbilder offenbaren, verbrennt Russland seit Juni Gaslieferungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Wie Analysen zeigen, verbrennt Gazprom seit Monaten eine grosse Menge Gas.
- Pro Tag werden rund 4,34 Millionen Kubikmeter Gas abgefackelt.
- Dieses Gas wäre Experten zufolge vor den EU-Sanktionen nach Deutschland geliefert worden.
Schon zu Beginn des Monats gab es Berichte über russisches Gas, das nicht nach Deutschland geliefert, sondern gezielt verbrannt wird. Nun hat eine Analyse von Rystad Energy, welche «BBC News» vorliegt, erschreckende Zahlen ergeben: Täglich sollen etwa 4,34 Millionen Kubikmeter Gas im Wert von umgerechnet fast zehn Millionen Franken abgefackelt werden.
Ein von den Sentilel-Satelliten aufgenommenes Bild zeigt die Infrarotstrahlung, die bei der Verbrennung entsteht. Das Gas stammt aus einer Verdichtestation im russischen Portovaya nahe der finnischen Grenze.
Ukraine-Krieg: Verbrannte Gasmenge beunruhigt Forscher
Aus technischen oder Sicherheitsgründen kann es schon einmal vorkommen, dass Gas durch eine Gasfackel gezielt verbrannt ist. Die nun registrierte Menge ist jedoch gemäss den Experten alles andere als üblich.
Verräterisch: Seit Juni beobachten Experten einen erheblichen Anstieg der von der Anlage ausgehenden Wärme. «Wir haben diese enorme Spitze gesehen, und sie ist einfach nicht mehr verschwunden.» So wird Jessica McCarty, Expertin für Satellitendaten von der Miami University in Ohio, von der «BBC» zitiert.
Gasverbrennungen schaden Umwelt enorm
Für die Wissenschaftler besonders beunruhigend: Durch das Abfackeln werden täglich rund 9000 Tonnen CO₂-Äquivalente freigesetzt. Ein weiteres Problem stellen Russpartikel dar – auch bekannt als schwarzer Kohlenstoff. Der Russ setzt sich auf Schnee und Eis in der Arktis ab und beschleunigt damit das Schmelzen erheblich.
Gemäss Mark Davis ist das Abfackeln kein Zufall. Davis ist Geschäftsführer des Unternehmens Capterio, das sich mit Lösungen rund um Gasverbrennungen beschäftigt. Die Entscheidung sei laut ihm bewusst aus betrieblichen Gründen getroffen worden.
Davis: «Die Betreiber zögern oft, Anlagen abzuschalten. Denn sie befürchten, dass es technisch schwierig oder kostspielig sein könnte, sie wieder in Betrieb zu nehmen.» Das sagte er gegenüber «BBC News».
Andere glauben, dass es technische Probleme bei der Bewältigung der grossen Gasmenge geben könnte. Aus diesem Grund erachtet Gazprom wohl die Verbrennung als den sichersten Weg.
Mitte Juli drosselte Gazprom Gaslieferungen nach Deutschland. Als Grund dafür wurden technische Probleme genannt. Deutschland glaubt aber, dass es sich dabei um eine Reaktion auf die EU-Sanktionen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg handelt.