Ukraine-Krieg: Russen verwüsten und verminen Cherson bei Abzug
Das Wichtigste in Kürze
- Am Mittwoch ordnete Russland den Truppenabzug aus der Region um Cherson an.
- Zuerst wurden das TV-Zentrum, Fernheizungsanlagen und Funkmasten zerstört.
- Verminte Strassen sollen den ukrainischen Vormarsch verlangsamen.
Nach dem angekündigten russischen Truppenabzug aus dem südukrainischen Cherson rückt die Ukraine weiter vor. In geräumten Gebieten im Ukraine-Krieg wurden bereits 41 Ortschaften zurückerobert, teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstagabend mit.
Allein seit Mittwoch seien ukrainische Verbände bis zu sieben Kilometer tief in ehemals von Russen besetztes Gebiet vorgestossen. Dies berichtete der Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj.
Moskau erschwert der Ukraine den Vormarsch nach Einschätzung britischer Geheimdienste aber weiter. So hätten russische Truppen etwa Brücken zerstört und mutmasslich Minen gelegt.
Neben dem Fernsehzentrum seien unter anderem Fernheizungsanlagen und Funkmasten gesprengt worden, berichtete die «Ukrajinska Prawda» am Donnerstag. Zudem sei in der Stadt der Strom komplett ausgefallen, ebenso wie das Internet.
Die ukrainische Staatsagentur Unian veröffentlichte eine Reportage mit Fotos aus Dörfern an der Randzone des Cherson-Gebiets. «Zerstörte Häuser, Minen und Müll» seien überall zu sehen.
Man erwarte zudem, dass sich der Rückzug über mehrere Tage hinziehe, hiess es im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Begleitet werde dieser im Ukraine-Krieg voraussichtlich von Artilleriefeuer zum Schutz der abziehenden Einheiten.
Russland hatte am Mittwoch den Abzug seines Militärs aus Cherson und der gesamten Region um die Stadt angeordnet. Moskau nannte den Abzug eine «militärische Notwendigkeit» und «Umgruppierung der Kräfte».
Ukraine-Krieg: Kadyrow unterstützt russischen Abzug aus Cherson
Der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, hält den russischen Truppenabzug für eine richtige Entscheidung. Der neue Kommandeur der russischen Truppen in der Ukraine, Sergej Surowikin, habe damit tausende Soldaten aus der faktischen Umzingelung gerettet. Das schrieb Kadyrow am Donnerstag in seinem Telegram-Kanal.
Surowikin habe eine «schwere, aber richtige Entscheidung zwischen sinnlosen Opfern für lautstarke Erklärungen und der Rettung unbezahlbarer Soldatenleben» getroffen. Kadyrow hatte die russische Kriegsführung im Ukraine-Krieg zuvor häufiger getadelt.
Auch im Fall Cherson liess er Kritik anklingen. Cherson sei ein schwieriges Gebiet. Es sei keine stabile und regelmässige Versorgung mit Munition und die Bildung einer starken Nachhut möglich.
«Warum wurde das nicht schon in den ersten Tagen der Spezialoperation gemacht?» Surowikin aber habe weitsichtig gehandelt und seine Soldaten nun in eine vorteilhaftere strategische Position gebracht. Es gebe keinen Grund, von einer «Aufgabe» Chersons zu sprechen.
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Kadyrow hat sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs als einer der schärfsten Befürworter der Feldzugs profiliert. Er hatte auch tschetschenische Einheiten in die Ukraine geschickt.
Die russische Armeeführung kritisierte er regelmässig als zu weich. Dies oft im Verbund mit dem Finanzier der privaten Kampfeinheiten der Gruppe «Wagner», Jewgeni Prigoschin.