Ukraine-Krieg: Wütende Russen demonstrieren nach Teilmobilmachung
Nach der Teilmobilmachung demonstrieren unzählige Russen gegen Putin und den Ukraine-Krieg. Über 1300 Menschen wurden verhaftet.
Das Wichtigste in Kürze
- Die angeordnete Teilmobilmachung Putins treibt die Russen auf die Strassen.
- Über 1300 Demonstranten wurden verhaftet, ihnen drohen bis zu 15 Jahre Haft.
- In den sozialen Medien verlangen Kritiker, Parlamentarier in den Krieg zu schicken.
Mit der ersten Teilmobilmachung seit dem Zweiten Weltkrieg hat Wladimir Putin für eine Eskalierung im Ukraine-Krieg gesorgt. Rund 300'000 Reservisten sollen einberufen und an die Front geschickt werden. Dies erzürnt auch unzählige Russen, in verschiedenen Städten des Landes kam es zu Protesten – und Verhaftungen.
In Tomsk und Irkutsk in Sibirien, in Jekaterinburg am Ural und an anderen Orten gingen vereinzelt Menschen auf die Strasse. Sie zeigten Plakate in den Farben der ukrainischen Flagge, auf denen «Nein zur Mobilisierung» stand. Die Polizei war jeweils vor Ort und verhaftete in 38 Städten über 1300 Personen. Ein Demonstrant schrie bei der Festnahme: «Ich werde nicht für Putin oder euch sterben!»
Die Behörden waren sich der Möglichkeit von Demonstrationen bewusst: In Moskau warnte die Staatsanwaltschaft vor der Teilnahme und erinnerte an die drohende 15-jährige Haftstrafe. Trotzdem gingen unzählige Menschen auf die Strassen. In Moskau und Sankt Petersburg gab es laut dem Bürgerrechtsportal OVD-Info die grössten Kundgebungen.
Dort gab es demnach auch die meisten Festnahmen: über 500 in Moskau, 556 in Sankt Petersburg und über 240 im Rest des Landes. Auf Bilder und Videos ist zu sehen, wie die Demonstranten von der Polizei hart angegangen und in Busse geschleppt werden. Von dort wurden sie in Polizeistationen gebracht, wo ihnen verschiedene Delikte, darunter Diskreditierung der Armee, zur Last gelegt wurden.
Neben Botschaften gegen den Ukraine-Krieg forderten die Demonstranten auch lautstark ein «Russland ohne Putin».
Kritiker wollen Parlamentarier in den Ukraine-Krieg schicken
Proteste und Kritik an der Mobilmachung gibt es auch in den sozialen Medien, wo Kritiker einen neuen Begriff erfunden haben: «Mogilisation». Er setzt sich zusammen aus Mobilisation und dem russischen Wort «Mogila», zu Deutsch Grab. Damit wird auf das wahrscheinliche Schicksal der 300'000 Reservisten aufmerksam gemacht.
In den sozialen Medien wird auch eine etwas andere Mobilmachungs-Methode diskutiert: «Ich empfehle, alle Parlamentarier und deren Familien zuerst einzuberufen. Dann werden wir sehen, wie loyal sie sind.» Doch dass das wohl kaum geschehen wird, zeigt der Fall von Nikolaj Peskow, dem Sohn von Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Viele Russen haben nach der Ankündigung der Teilmobilmachung schnell gehandelt: Auf den Strassen ins Ausland bildeten sich lange Staus. Die Seite der russischen Eisenbahngesellschaft kollabierte wegen des Ansturms. Flüge ins Visums-freie Ausland sind entweder ausgebucht oder kosten ein Vielfaches des normalen Preises.