Ukraine steht nach vorgetäuschtem Journalistenmord in der Kritik
Nachdem aufgeflogen ist, dass die Ukraine den Mord an einem Journalisten inszeniert hat, hagelt es Kritik. Die Ukraine feiert den vorgetäuschten Mord als Erfolg
Das Wichtigste in Kürze
- Für die Inszenierung eines Journalistenmordes erhält die Ukraine viel Kritik.
- Der Journalist Babtschenko und die Ukraine verteidigen die Aktion jedoch.
- Nur so hätte das Leben des Russland-kritischen Journalisten gerettet werden können.
Die Ukraine steht nach dem vorgetäuschten Mord an dem Kreml-kritischen russischen Journalisten Arkadi Babtschenko heftig in der Kritik. Journalistenverbände zeigten sich empört über die Irreführung. «Solche Inszenierungen sind ein Stich ins Mark der Glaubwürdigkeit des Journalismus», warnte die Organisation Reporter ohne Grenzen. Es sei unglaubwürdig, dass ein möglicher Mordanschlag nicht anders als durch dessen Vortäuschen verhindert werden könne.
Es war alles eine Finte
Babtschenko war angeblich am Dienstagabend vor seiner Wohnung in Kiew erschossen worden. Medien weltweit hatten darüber berichtet. Kollegen trauerten und wähnten ihn in einer Reihe mit anderen ermordeten Kremlkritikern wie Anna Politkowskaja oder Boris Nemzow. Am Mittwoch erschien der Journalist dann aber überraschend und unversehrt bei einer Pressekonferenz des Inlandsgeheimdienstes SBU. Der fingierte Anschlag sei ein Spezialeinsatz gewesen, um Aktivitäten russischer Geheimdienste aufzudecken, hiess es.
Kritik von allen Seiten
Aus Deutschland gab es scharfe Kritik. «Es ist gefährlich, in einer Welt zu leben, wo die Behörden, wo die Politik die Bürger und die Öffentlichkeit dreist belügen», sagte der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Frank Überall, der Deutschen Presse-Agentur. «In dem Moment, wo wir unseren Regierungsvertretern nicht mehr trauen können, wird es für eine Demokratie sehr gefährlich.»
Babtschenko wehrte sich am Donnerstag gegen Vorwürfe, er hätte sich nicht zu der Inszenierung hergeben dürfen. Die Gefahr eines Anschlags auf ihn sei real gewesen, schrieb er bei Facebook: «Alles war genau so wie gesagt.» Wer ihm vorhalte, die Medien irregeführt zu haben, der solle «seine Prinzipientreue und hohe Moral beweisen und stolz erhobenen Hauptes sterben». Auf Twitter entschuldigte er sich ironisch dafür, noch am Leben zu sein: «Bei der nächsten Attacke gehe ich bestimmt drauf.»
Zynischer Budenzauber
«Taktisch mag die Geheimdienstaktion ein Erfolg gewesen sein. Strategisch aber war es gewiss keine gute Idee, dass Kiew mit der Empathie seiner engsten Partner gespielt hat», sagte der Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe im Bundestag, der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der europapolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Andrej Hunko, sprach von einem «zynischen Budenzauber» und forderte eine internationale Untersuchung der Vorgänge.