Unternehmen sehen Homeoffice skeptischer als Arbeitnehmer

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Deutschland,

Wo arbeiten Menschen produktiver: zu Hause oder im Büro? Die Frage ist in der Debatte um ein Recht auf Homeoffice ein politischer Zankapfel geworden. Auch ein Kompromissangebot von Arbeitsminister Heil scheint die Diskussion nicht voranzubringen.

Ist man im Home Office wirklich produktiver? Die Meinungen dazu gehen auseinander. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa
Ist man im Home Office wirklich produktiver? Die Meinungen dazu gehen auseinander. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Unternehmen in Deutschland sehen einer Umfrage zufolge das Homeoffice weit weniger positiv als viele Arbeitnehmer.

Demnach bemerkt nur eine kleine Minderheit von 5,7 Prozent der Unternehmen eine Steigerung der Produktivität beim mobilen Arbeiten.

Dagegen meldeten 30,4 Prozent der Firmen unveränderte und 27 Prozent sogar gesunkene Produktivität ihrer Belegschaften. Für die übrigen befragten Unternehmen ist Homeoffice nicht relevant. Dies ist zum Beispiel im Bau- oder Dienstleistungssektor häufig der Fall. Das Münchner Ifo-Institut befragte im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen im Oktober dazu 1097 Unternehmen.

Die Frage, ob die Tätigkeit im Heimbüro die Produktivität steigert oder nicht, ist ein politischer Zankapfel. Im Sommer hatte die Krankenkasse DAK nach der Befragung von 7000 Arbeitnehmern mitgeteilt, dass eine Mehrheit von 56 Prozent sich selbst im Homeoffice produktiver einschätze. Die DAK-Studie dient der SPD als Schützenhilfe für ihre Forderung eines gesetzlich verankerten Rechts auf Homeoffice. Auch aus anderen Ländern gibt es Studien und Umfragen zu dem Thema, mit widersprüchlichen Ergebnissen.

Ein Kompromissvorschlag von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) scheint die Debatte um ein mögliches Recht auf Homeoffice nicht voranzubringen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erteilte dem neuen Angebot Heils zügig eine Absage. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag) hatte Heil gesagt: «Da die Union bei dieser Frage offensichtlich noch nicht im Jahre 2020 angekommen ist, bin ich bereit, den Anspruch auf 24 Tage Homeoffice im Jahr zurückzustellen.»

Altmaier antwortete in der «Bild am Sonntag» und blieb damit bei seiner bisherigen Position: «Ich habe keinerlei Sympathie für Rechtsansprüche, die nur einigen wenigen Arbeitnehmern zugutekommen.» Unternehmen sollten in Corona-Zeiten so viel Homeoffice ermöglichen, «wie es nur irgendwie geht, und das tun sie ja auch», führte Altmaier aus. Aber dies sei eine Ausnahmesituation. «Der Gesetzgeber sollte nicht alles mit Regularien verpflichtend bestimmen.»

Anfang Oktober hatte Heil ein gesetzlich verankertes Recht auf Homeoffice vorgeschlagen, das unter anderem vorsah, dass Beschäftigte bei einer 5-Tage-Woche 24 Tage im Jahr mobil oder im Homeoffice arbeiten dürften. Das lehnen Wirtschaftsverbände und die Union ab. Ende Oktober legte der Arbeitskreis Zukunft derUnions-Bundestagsfraktion einen Gegenentwurf vor.

Konkret will Heil nun, dass Arbeitnehmer das Recht auf ein Gespräch mit ihrem Arbeitgeber zum Thema Homeoffice bekommen. «Der Arbeitgeber darf den Wunsch dann nicht einfach so vom Tisch wischen, sondern muss gut begründen, warum es mit dem mobilen Arbeiten aus betrieblichen Gründen nicht geht.» Mit dieser Änderung komme er der Union «weit entgegen», sagte Heil. «Wenn sie guten Willens ist, können wir rasch ein Gesetz machen. Ich will, dass das noch in diesem Jahr gelingt. Denn das schafft endlich Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.»

Wie Altmaier rückte auch der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Carsten Linnemann, am Samstag nicht von seiner Haltung ab. «Viele Mittelständler kämpfen derzeit ums Überleben, und neue Auflagen sind das Letzte, was sie gebrauchen können», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Eine Stellschraube sei möglicherweise das Zeitarbeitsgesetz, das aus Linnemanns Sicht aus der Zeit gefallen ist. «Hier könnte Arbeitsminister Hubertus Heil wirklich einmal etwas Gutes für Arbeitnehmer und Mittelständler tun, indem er sich nicht gegen eine Modernisierung der Arbeitszeiten im Rahmen der europäischen Vorgaben sperrt.»

Die «Wirtschaftsweise» Monika Schnitzer lehnte in der «Rheinischen Post» eine gesetzliche Verankerung von Homeoffice ebenfalls ab. Diese greife in die Vertragsfreiheit und die Tarifautonomie ein. Grundsätzlich sei Homeoffice aber eine Erfolgsgeschichte: «Wir sparen Pendelzeit, können uns die Zeit besser einteilen, konzentrierter arbeiten und vermeiden Leerzeiten. Allerdings verlieren wir den Kontakt im Büro, Kommunikation erzeugt eben auch eine höhere Produktivität.»

Einen klar positiven Effekt des Homeoffice zeigt eine Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW): «Vor allem die Arbeit der Beschäftigten gestaltet sich in vielen Unternehmen sichtbar digitaler als vor der Krise», sagte ZEW-Experte Daniel Erdsiek. Grund dafür dürfte besonders die Verlagerung der Arbeit vom Büro ins Homeoffice sein. Bei der Umfrage berichteten 40 Prozent der Firmen aus der Informationswirtschaft und 25 Prozent der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe von Fortschritten bei der Digitalisierung der Angebotspalette, ihrer Geschäftsprozesse oder der Arbeit ihrer Mitarbeiter.

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