Wagner-Chef Prigoschin attackiert russische Militärführung
Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldnertruppe Wagner, wirft russischen Militärs vor, «Lügen» zu verbreiten. In Wahrheit stehe Putin vor grossen Problemen.
Das Wichtigste in Kürze
- Wagner-Chef Prigoschin wirft der russischen Militärführung vor Lügen zu verbreiten.
- Via Telegramm sprach Prigoschin von «kolossalen Problemen» auf russischer Seite.
- Die Ukraine berichtet über die Befreiung eines « riesigen Territoriums».
Die Tschonhar-Brücke, die die Krim mit dem Festlandgebiet Cherson verbindet, sei auf Wochen hinaus nicht mehr zu benutzen. Dies schrieb der örtliche Besatzungschef Wladimir Saldo am Donnerstag auf Telegram.
In Aufnahmen waren Krater und zumindest ein Loch zu erkennen. Derweil warf der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, der eigenen Militärführung Lügen über die Frontlage vor.
Prigoschin: Putin wird belogen
Söldnerchef Prigoschin warf Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow vor, Präsident Wladimir Putin «Blödsinn» aufzutischen. Sie hofften, dass solche «Lügen» nur schrecklich genug sein müssten, damit Putin sie glaube. Die ukrainischen Streitkräfte hätten bereits erhebliche Erfolge erzielt.
Prigoschin kann sich nach Einschätzung von Beobachtern solche Kritik leisten, weil als Vertrauter Putins gilt. Andere Russen müssten dafür wahrscheinlich in Haft.
«Das sind grosse Gebiete, die wir verloren haben», sagte Prigoschin in einer Sprachnachricht auf Telegram. Auch die Verluste in den russischen Reihen seien gross. «Kolossale Probleme», würden verheimlicht.
Der Chef der Söldnertruppe forderte einmal mehr eine Mobilmachung, um eine russische Niederlage zu verhindern.
Verteidigungsminister berichtet von vielen Toten
Dagegen berichtete die russische Armeeführung über angeblich massenhaft Tote und vernichtete Technik auf ukrainischer Seite. Verteidigungsminister Schoigu sagte bei einem Treffen mit Putin, das Tempo von Kiews Gegenoffensive habe sich nach 16 Tagen verlangsamt.
Auf eine Nachfrage Putins zu Risiken für die eigenen Streitkräfte durch die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine sagte Schoigu: «Wir sehen hier nicht irgendwelche Bedrohungen. Auch, weil bei uns eine Formierung von Reserven läuft.». Bis zum Monatsende werde eine «Reservearmee» mit mehr als 3000 Einheiten von Kampftechnik aufgestellt.
Besatzungschef: Ukraine griff Krim-Brücke mit britischen Raketen an
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert an diesem Samstag bereits genau 16 Monate. Die Halbinsel Krim, die zur Ukraine gehört, hatte Russland gegen internationale Regeln allerdings schon 2014 besetzt.
Seit diesem Monat läuft mit Unterstützung des Westens eine Gegenoffensive der ukrainischen Armee. Zu deren Erfolg gibt es von den beiden Kriegsparteien unterschiedliche Angaben. Unabhängig überprüfen lassen sich die Berichte in vielen Fällen nicht.
Bei dem Angriff auf die Tschonhar-Brücke setzten die Ukrainer nach Angaben von Besatzungschef Saldo Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow ein. Grossbritannien hat der Ukraine solche Raketen mit mehr als 250 Kilometern Reichweite zur Verfügung gestellt.
Die Tschonhar-Brücke ist eine von drei Anfahrtsrouten von der Krim ins ebenfalls zu Teilen okkupierte Gebiet Cherson. Die Halbinsel ist zudem über die Kertsch-Brücke mit dem russischen Festland verbunden. Sie wurde im Herbst bei einem Angriff beschädigt.
Ukrainischer Regierungschef: «Riesiges Territorium» befreit
Nach Worten des ukrainischen Regierungschefs Denys Schmyhal haben die ukrainischen Truppen inzwischen acht Dörfer und 113 Quadratkilometer besetzten Gebiets befreit. «Das ist ein riesiges Territorium», behauptete er bei einer Ukraine-Konferenz in London. 113 Quadratkilometer entsprechen allerdings nur etwa dem 1,3 fachen Stadtgebiet Zürichs.
Schmyhal mahnte zu Geduld bei der Gegenoffensive. Manchmal seien taktische Pausen notwendig. Verlangsamt werde das Vorrücken durch russische Minenfelder.
«Wir werden unsere Soldaten nicht verfeuern, wie die Russen das tun», betonte Schmyhal. Man sei jedoch «absolut optimistisch», das gesamte besetzte Gebiet zurückzuerobern.
Selenskyj warnt vor «Terrorakt» in AKW Saporischschja
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland erneut vor, im besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja einen «Terrorakt» zu planen. «Sie haben dafür alles vorbereitet», sagte er in einem Video.
Zugleich warnte Selenskyj, dass ein solcher Angriff auf Europas grösstes AKW Folgen weit über die Ukraine hinaus haben könnte. «Radioaktivität kennt keine Grenzen.» Moskau hat solche Vorwürfe stets zurückgewiesen. Das AKW war von Russland gleich nach dem Einmarsch ins Nachbarland vor 16 Monaten besetzt worden.