Europäische Ferienländer der Schweizer versuchen mit gezielten Massnahmen und Angeboten, attraktiv zu bleiben und das Gewissen zu beruhigen. Ein Überblick.
Dubrovnik, Kroatien, Adria
Dubrovnik liegt im Süden Kroatiens am Adriatischen Meer. (Archivbild) - Pexels
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Reisen ohne schlechtes Gewissen? Ferien bedeutet schon wegen An- und Abreise in der Regel auch Belastungen fürs Klima. Ferienziele in Europa versuchen durch Klima-Bewusstsein attraktiv zu bleiben.

Sommer, Sonne, Strand. Ferien können so schön sein. In Zeiten von Massentourismus und Klimakrise geraten viele Menschen aber ins Nachdenken.

Wie schaffe ich es, mit möglichst geringem ökologischen Fussabdruck zu reisen? Wichtige europäische Ferienländer der Schweizerinnen und Schweizer versuchen, mit gezielten Massnahmen und Angeboten das Gewissen zu beruhigen und als Ziel attraktiv zu bleiben. Ein Überblick:

ITALIEN:

Das Sehnsuchtsland vieler Schweizer Feriengäste leidet besonders unter Übertourismus. 2023 wurden fast eine halbe Milliarde Übernachtungen gezählt. In Städten wie Rom oder Florenz ist der Besucherstrom manchmal unerträglich – aber auch durch kleinere Städte wie Bozen, Capri oder San Gimignano schieben sich die Massen. In Venedig werden zu bestimmten Terminen jetzt fünf Euro Eintritt verlangt, um Tagesbesucher abzuhalten.

In der Hauptstadt Rom kommt es immer wieder vor, dass Urlauber wegen der Hitze umkippen. Zwar gibt es seit jeher an Strassenecken Brunnen mit Trinkwasser – aber allen ist klar, dass das in Zeiten des Klimawandels nicht mehr ausreicht. Jetzt wird versucht, die Stadt wieder zu begrünen.

Derzeit werden 100'000 Bäume hochgepäppelt, die Schatten spenden sollen. Auch in vielen anderen Gemeinden ist man dabei, den steigenden Temperaturen Rechnung zu tragen. Mit neuen Architekturprojekten, mit strikten Verbotszonen für Autos und auch mit staatlichen Zuschüssen für Hausbesitzer, die der Umwelt zuliebe umrüsten.

SPANIEN:

Spanien als Europas beliebtestes Urlaubsland steuert auf einen neuen Rekord bei den Besucherzahlen zu. Schon im ersten Quartal wurden 24 Millionen Touristen gezählt. Ein zweistelliges Plus zum Vorjahreszeitraum. Der Massentourismus führt an Brennpunkten wie Barcelona, den Kanaren oder vor allem den Balearen nicht nur zu sozialen Problemen wie etwa der Verdrängung von Einheimischen, sondern auch zu erheblichen Umweltproblemen.

Auf Mallorca und den anderen Baleareninseln versucht die Regierung gegenzusteuern. Seit 2022 gilt dort ein Gesetz zur Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft im Tourismusbereich. So sollen Hotels, Restaurants und andere Teile der Tourismusindustrie gezwungen werden, umweltfreundlicher zu wirtschaften.

Sie müssen darlegen, wie viel Energie und Wasser sie bisher verbrauchen, welchen Abfall sie produzieren und woher sie ihre Lebensmittel beziehen. Dann müssen sie sparen: bei der Energie, beim Wasser, beim Müll. Es geht auch um Fotovoltaikanlagen, eine Isolierung der Häuser und die Nutzung von Abluftwärme.

KROATIEN:

Das beliebte Ferienland an der Adria mit seinen malerischen Buchten und Inseln zieht immer mehr Urlauber an. 2023 verzeichnete das Fremdenverkehrsministerium 20,6 Millionen Reisende mit 108 Millionen Nächtigungen. Die Urlauberströme konzentrieren sich auf die Sommermonate. Das Architektur-Juwel Dubrovnik mit seiner pittoresken Seefestung kämpft mit Überfüllung – die Stadt an der südlichen Adria schränkt inzwischen die Zufahrt von Kreuzfahrtschiffen und Autobussen mit Tagesausflüglern ein.

Eine Strategie für die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus bis 2030 soll helfen – für diese soll eine Milliarde Euro lockergemacht werden. Nun sollen touristische Destinationen abseits der Adriaküste entwickelt werden. Dazu gehört der Ausbau des Wellness- und Gesundheitstourismus. Leicht verfallene Sanatorien könnten sich durch Renovierung zu einem zeitgemässen Angebot mausern.

GRIECHENLAND:

Tourismus und Klimawandel sind für das Land ein Dilemma. Einerseits muss es auf Klimaschutz setzen, weil es zunehmend von Trockenheit, Überschwemmungen und katastrophalen Waldbränden heimgesucht wird. Andererseits sind die Griechen auf den Tourismus angewiesen, einen der wichtigsten Faktoren der griechischen Volkswirtschaft.

Jetzt will die Regierung zwei Milliarden Euro in den Zivil- und den Klimaschutz stecken. Man wolle zum Vorreiter für neue Lösungen und nachhaltigen Tourismus werden, heisst es. Dazu zählen kleine örtliche Massnahmen.

Etwa auf der Insel Tilos, deren Einwohner den Müll mittlerweile zu 90 Prozent rezyklieren. Oder auf der Insel Astypalea, die vollständig auf E-Mobilität und grüne Energie umgestellt werden soll. Positiv fällt die Bilanz beim Ökostrom aus: Wind- und Sonnenkraft machen mittlerweile gut die Hälfte der griechischen Energie aus.

ÖSTERREICH:

Das Land baut seit Jahren seine Angebote zum nachhaltigen, möglichst klimaschonenden Tourismus aus. Busse und Bahnen sollen attraktiver werden. Im Bundesland Salzburg können dort nächtigende Touristen ab Juli 2025 in allen öffentlichen Verkehrsmitteln gegen einen geringen Betrag mitfahren. Andere Regionen bieten Ähnliches.

Viel getan hat sich im Wintertourismus. Mit Sonnenkraft betriebene Lifte, Pistenfahrzeuge, die mit Biokraftstoffen unterwegs sind, Beschneiungsanlagen, die zu 90 Prozent mit erneuerbarer Energie laufen. Insgesamt ist nach Angaben der Österreich Werbung der Energieverbrauch pro Nächtigung in den vergangenen Jahren deutlich gesunken.

Angesichts schneeärmerer Winter sollen in den niedriger gelegenen Gebieten Alternativen zum Skifahren entwickelt werden. Eine nationale Mountainbikestrategie ist das aktuelle Vorhaben. Die Hauptstadt Wien setzt auf das Begrünen von Strassenzügen und weist Urlauber via App auf Hunderte Trinkbrunnen sowie auf die mehr als 100 Nebelduschen hin.

DEUTSCHLAND:

In Deutschland gilt die Region im Nordosten mit seinen Ostsee-Stränden, Seen, den Inseln Rügen und Usedom sowie 7,6 Millionen Gästen mit 32 Millionen Übernachtungen (2023) als eine Topdestination. Es gibt ein Angebot an grünen Hotels, Biohotels und Hotels, die klimaneutrale Übernachtungen anbieten.

Am Kreuzfahrtstandort Warnemünde sind zwei Landstromanlagen installiert. Mit denen sichern entsprechend ausgerüstete Schiffe bei Liegezeiten die Stromversorgung ohne laufende Dieselmotoren und damit emissionsarm. Einige Kommunen bieten kostenlose Busangebote an.

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