Wegen eines «Wüsten-Zugs»: Spaniens Ex-König droht die Anklagebank
Spaniens früherem König Juan Carlos droht im Alter von 82 Jahren die Anklagebank. Es geht um die «Wüsten-Zug-Affäre».
Spaniens früherem König Juan Carlos droht im Alter von 82 Jahren die Anklagebank. Es geht um die «Wüsten-Zug-Affäre»: Beim Bau einer Schnellbahnstrecke in Saudi-Arabien durch ein spanisches Konsortium flossen mutmasslich Schmiergelder von vielen Millionen Euro. In Zusammenhang mit diesem Skandal nahm das Oberste Gericht in Madrid nun Ermittlungen gegen den Vater von König Felipe VI. auf. Spanische Medien, etwa die Digital-Zeitung «El Nacional», sprachen von einem «Erdbeben», das das von Skandalen gebeutelte Königshaus verstärkt ins Wanken bringen könnte.
Worum geht es? Im Jahr 2008 soll Juan Carlos als «Vermittler» zwischen den Scheichs und spanischen Firmen unterm Tisch eine «Prämie» von 100 Millionen Dollar erhalten haben.
Ans Licht kamen die mutmasslich unsauberen Geschäfte aber erst zehn Jahre später, als Medien 2018 Aufnahmen eines Gesprächs veröffentlichten, bei dem eine Deutsche dem Altkönig Korruption und Geldwäsche vorwarf. Die heute 55-Jährige war Juan Carlos nach eigenen Angaben bis 2012 eng verbunden. Sie sei «eine innige Freundin» gewesen, sagte sie Medien, die immer wieder gern über ihr Leben berichten.
Die für Wirtschaftsdelikte zuständigen Behörden nahmen bald Ermittlungen auf, die bis heute andauern. Für die knapp vier Jahrzehnte, die er König und Staatsoberhaupt von Spanien war (von November 1975 bis Juni 2014) geniesst Juan Carlos zwar weiterhin Immunität. Für Delikte aber, die nach dem Thronverzicht begangen worden sein könnten, könnte er vom Obersten Gericht - und nur von diesem - zur Rechenschaft gezogen werden.
In Zusammenhang mit dem Geld, das er in Sachen «Wüsten-Zug» erhalten haben soll, hätten die Ermittler nun Indizien für Geldwäsche und Steuerhinterziehung nach 2014 entdeckt, berichteten Medien. Die Unterlagen seien deshalb an das Oberste Gericht weitergeleitet worden. Das «Tribunal Supremo» teilte nun nach Prüfung dieser Papiere mit, man leite Untersuchungen ein, um die «strafrechtliche Relevanz der Taten abzugrenzen oder auszuschliessen», die nach der Abdankung von Juan Carlos im Juni 2014 erfolgt seien.
Nach Einschätzung von Justizexperten ist es alles andere als unmöglich, dass Juan Carlos auf der Anklagebank landet. Der mit den Ermittlungen beauftragte Juan Ignacio Campos sei linksgerichtet und Mitglied der «Union Progressiver Staatsanwälte» (UPF), die für eine Abschaffung der Monarchie eintrete. Spaniens linke Regierung wird unterdessen nichts zum Schutz von Juan Carlos tun. «Vor der Justiz sind alle gleich», betonte am Montag in einer ersten Reaktion Regierungssprecherin María Jesús Montero.
Auf Unterstützung durch seinen Sprössling kann Juan Carlos noch weniger hoffen. Im März brach Felipe mit seinem Vater, nachdem die britische Zeitung «Telegraph» enthüllt hatte, dass sein Name - offenbar ohne sein Wissen - als Begünstigter einer dubiosen Offshore-Stiftung aufgetaucht war, in der auch Teile der Saudi-Dollars deponiert sein sollen. Felipe verzichtete auf sein Erbe und strich dem Papa auch noch das Jahresgehalt von 194 000 Euro.
Dabei galt Juan Carlos jahrzehntelang als Vorzeigekönig - schon weil er 1981 die junge spanische Demokratie nach einem Putschversuch energisch verteidigt hatte. Doch in den vergangenen zehn Jahren mutierte er zur Skandalnudel, die Affären überschlugen sich: Eine umstrittene Elefantenjagd, mutmassliche Seitensprünge und Vetternwirtschaft bei einem Betrugsskandal um seinen zu knapp sechs Jahren Haft verurteilten Schwiegersohn Iñaki Urdangarin.
Da die Skandale um Juan Carlos aber auch nach der Abdankung nicht aufhören, gibt es in Spanien immer mehr Proteste gegen die «Casa Real» - und Forderungen zur Abschaffung der Monarchie. Felipe muss also aufpassen. Der auch von knapp 20 Operationen geschwächte Juan Carlos hüllt sich derweil weiterhin in Schweigen.