Ökonom: Donald Trump hat «Masterplan geschickt orchestriert»
Donald Trump setzt seine angekündigten Strafzölle grösstenteils wieder aus, befeuert aber einen Handelskrieg mit China. Experten ordnen ein.

Das Wichtigste in Kürze
- Direkt nach Inkrafttreten der neuen Zölle setzte sie US-Präsident Donald Trump wieder aus.
- Zwischen Washington und Peking schaukelt sich ein Handelskrieg hoch.
- Experten schätzen die Lage unterschiedlich ein.
Vergangene Woche löste US-Präsident Donald Trump mit seinem neuen Zoll-Hammer ein regelrechtes Erdbeben aus. Der Republikaner kündigte Strafzölle für «Länder auf der ganzen Welt» an. Je nach Staat unterschiedlich hoch.
Die Ankündigung liess die Börsenkurse weltweit einstürzen. Weltweit wuchs die Sorge vor einer globalen Finanzkrise – Kritik von Aktionären wurde laut.
Die Zölle für «Länder auf der ganzen Welt» traten gestern in Kraft. Doch bereits am Abend (Schweizer Zeit) machte der US-Präsident einen Rückzieher. Er gab bekannt, die erhöhten Zölle gegenüber den meisten Staaten für 90 Tage zu pausieren.
Warum verkündet Donald Trump solch weitreichende Zölle, nur um sie direkt nach Inkrafttreten wieder auszusetzen? Laut Trumps Finanzminister Scott Bessent war dies «die ganze Zeit seine Strategie». Eine Art «Masterplan».
Experte: Trump-Berater muss Entscheide «schönreden»
USA-Experte Thomas Greven von der Freien Universität Berlin hält dies nicht für glaubwürdig. Gegenüber Nau.ch erklärt er: «Wie alle Regierungsvertreter ist auch Bessent ständig damit beschäftigt, die nächste Pirouette im Trump-Chaos zu rechtfertigen und schönzureden.»

Warum der US-Präsident zurückgekrebst hat, darüber könne man nur spekulieren, so der Experte. Den Druck der Geschäftswelt sieht er aber als einen Grund.
Und weiter: «Trump sonnt sich darin, dass nun viele Regierungen weltweit einknicken. In den Drohgebärden könnte man eine Strategie sehen. Es gibt aber keine konkreten Forderungen – gegenüber dem wichtigsten Handelspartner China hat es nicht funktioniert.»
Ökonom: «Das war ziemlich geschickt orchestriert»
Anderer Meinung ist der Ökonom Mathias Binswanger von der Fachhochschule Nordwestschweiz. Er hält die Aussage, dass Trumps Rückzieher geplant war, für glaubwürdig und sagt: «Damit habe ich von Anfang an gerechnet.»

Binswanger hebt die von Thomas Greven angesprochene aufgesetzte Drohkulisse hervor. «Ist die Welt einmal in Schockstarre, kann man grossmütig wieder Aussetzungen bekannt geben», so der Ökonom.
«Das war ziemlich geschickt orchestriert», sagt er weiter. Die Reduktion jetzt werde als «Geschenk empfunden, für das man unendlich dankbar» sei.
Mathias Binswanger glaubt, dass die Zölle nur eine untergeordnete Rolle spielten. «In Wirklichkeit war die Börse vorher auf sehr hohem Niveau», sagt er. «Sie wurde wieder auf ein normaleres Niveau korrigiert.»
Zustimmung erhält Binswanger von Politikwissenschaftler Josef Braml. Er glaubt, Trumps Ankündigungen seien nur «taktisches politisches Kalkül, um Republikaner, Unternehmen und die Finanzmärkte zu beruhigen». Er stelle die Zölle als Verhandlungstaktik dar, die zurückgenommen werden könnten, sobald Amerikas Interessen durchgesetzt seien.
Handelskrieg zwischen Peking und Washington
China hat innert kürzester Zeit auf Trumps Massnahme reagiert und Gegenzölle verkündet. Dies hat einen Handelskrieg befeuert und eine Eskalationsspirale in Gang gesetzt. Fast täglich überbieten sich Washington und Peking gegenseitig mit neuen, höheren Zöllen.
Dementsprechend war China von der Zoll-Aussetzung auch ausgenommen – im Gegenteil. Donald Trump erhöht die Zölle für Einfuhren aus dem «Reich der Mitte» auf 125 (!) Prozent. Eine Reaktion aus Peking dürfte nicht ausbleiben.
Innenpolitischer Druck könnte Donald Trump zu Deal zwingen
Ist ein Ende der Eskalationsspirale in Sicht? Auch hier könne man nur spekulieren, sagt Thomas Greven. «Vermutlich ist die chinesische Regierung durchhaltefähig. Der Leidensdruck der Bevölkerung übersetzt sich nicht so schnell in politischen Druck.»
Eine mögliche Lösung sieht der Experte in innenpolitischen Entwicklungen in den USA. Wenn Trump unter Druck stehe, sei er zu pragmatischen Deals in der Lage. «Es wird für ihn aber schwierig werden, ein mögliches Ergebnis als Erfolg zu verkaufen.»
Donald Trump habe schon angedeutet, dass diese Eskalationsspirale nicht lange anhalten werde, entgegnet Mathias Binswanger. Das heisse zwar nicht, dass nicht weiterhin eine aggressive Rhetorik betrieben werde.
«Doch weder die USA noch China sind daran interessiert, sich das Leben über längere Zeit künstlich zu verkomplizieren.»