Frauen in Topetagen städtischer Firmen in der Minderheit
In Offenbach ist fast die Hälfte der Spitzenpositionen in kommunalen Firmen mit Frauen besetzt. In anderen grösseren Städten gibt es keine Top-Managerinnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Top-Managerinnen kommen vor allem in Bundesunternehmen in der Summe besser voran als in vielen Städten.
Bei den 508 Unternehmen des Bundes und der Länder, die mehrheitlich in öffentlicher Hand sind, liegt der Anteil von Frauen in der obersten Führungsebene bei 26,5 beziehungsweise 19,9 Prozent (Stand: März/April 2021), wie aus einer Auswertung der Zeppelin Universität Friedrichshafen hervorgeht. In den Unternehmen der 69 ausgewerteten grösseren Städten sind es 19,5 Prozent – ein Rückgang um 0,2 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr.
Als mögliche Gründe sollten Studienleiter Ulf Papenfuss zufolge unter anderem politischer Druck, bereits ergriffene Massnahmen und Besonderheiten bei den Unternehmen weiter analysiert werden. «Der Bund hat eine besondere Vorbildfunktion und könnte vielleicht stärker unter Beobachtung stehen. Da auf kommunaler Ebene aber besonders viele öffentliche Unternehmen vorliegen, sollte gerade auch für Städte genau geschaut werden.»
Luft nach oben
Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) sieht nach wie vor «viel Luft nach oben». Etliche der Mitgliedsunternehmen seien bereits auf einem guten Weg, sagte VKU-Chef Ingbert Liebing. «Machen ist die Antwort. Gemeinsame Aufgabe und gemeinsames Ziel ist, Frauen noch gezielter zu fördern, sie systematisch zu entwickeln und gezielt auf Führungspositionen vorzubereiten...» Dabei gehe es auch um noch mehr Flexibilität bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Der Studie zufolge gibt es auf kommunaler Ebene grosse Unterschiede. In 12 Städten liegt der Anteil von Managerinnen im Vorstand, der Geschäftsleitung oder Geschäftsführung bei mehr als 30 Prozent, in 17 Städten unter 10 Prozent.
Offenbach ist Spitzenreiter
Spitzenreiter ist der Analyse zufolge erneut das hessische Offenbach mit einem Frauenanteil von 47,8 Prozent in den Topetagen. In Oranienburg, Ingolstadt, Osnabrück, Bitterfeld-Wolfen, Heidelberg und Neunkirchen gab es demnach im Untersuchungszeitraum März/April 2021 dagegen keine weiblichen Führungskräfte in kommunalen Firmen.
Nach Einschätzung der Vorsitzenden des VKU-Personalausschusses, Karin Pfäffle, gibt es zahlreiche leuchtende Beispiele, aber das reiche nicht. «Es muss viel geschehen, und dazu braucht es - und so offen müssen wir sein – einen langen Atmen», sagte die Geschäftsführerin bei der Stromnetz Hamburg GmbH. «Wir müssen sichtbar machen, wie attraktiv und wie spannend Stadtwerke und Co. sind.»
Im Branchenvergleich ist der Anteil von Frauen in der Topetage in den Bereichen Gesundheit & Soziales (31,8 Prozent) und Krankenhäuser (25,5 Prozent) weiter besonders hoch. Am geringsten ist er im Bereich Digitalisierung & IT (1,9 Prozent).
«Insgesamt zeigen die Zahlen, dass etwas getan werden muss, wenn die Politik, die von ihr formulierten Ziele zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern ernst nimmt», sagte Papenfuss. «Ein zentraler Schritt ist die Etablierung eines Public Corporate Governance Kodex in jeder Gebietskörperschaft.» Darin sollte auch festgehalten werden, dass das Top-Management auch für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb der Unternehmensspitze Zielgrössen festlegt und jährlich darüber auf der Firmenhomepage berichtet.
Der Professor an der Zeppelin Universität hofft auch auf eine Strahlkraft des jüngst beschlossenen Gesetzes für mehr Frauen in Spitzenpositionen in der Wirtschaft. In grösseren börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen mit mehr als drei Vorständen und bei Bundesunternehmen mit mehr als zwei Führungskräften muss künftig mindestens eine Frau vertreten sein.
Die Studie untersuchte 1974 öffentliche Unternehmen, davon 1466 in 69 Städten. Verglichen wurden Stadtstaaten, Landeshauptstädte und die vier grössten Kommunen je Bundesland. Die Forscher weisen darauf hin, dass in Bundesländern mit wenig grösseren Städten relativ viele kleinere Kommunen analysiert wurden, die weniger kommunale Firmen haben.