Stromproduzent RWE ohne Corona-Schäden
Steigende Gewinne und gute Aussichten: Dem Energiekonzern RWE ist trotz Corona ein guter Start in das Jahr 2020 gelungen. Nur ein Investor aus Norwegen hat die Zufriedenheit in Essen etwas getrübt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Autobauer Volkswagen, Daimler und BMW in den roten Zahlen, ein deutlicher Gewinneinbruch beim Technologieriesen Siemens und auf Sparflamme kochende Hochöfen von Thyssenkrupp - die Corona-Krise hat grosse Teile der deutschen Industrie schwer gebeutelt.
Ziemlich unbeeindruckt von der Pandemie präsentiert sich bislang dagegen die Energiebranche. Am Donnerstag legte Deutschlands grösster Stromerzeuger RWE gute Zahlen für das erste Quartal vor. Ähnlich erfolgreich schlagen sich auch der Energiekonzern Eon und der Kraftwerksbetreiber Uniper.
RWE sei «auch in der Corona-Krise robust», kommentierte Finanzchef Markus Krebber den Gewinnanstieg im ersten Quartal. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) stieg um 19 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Unter dem Strich verdiente RWE 603 Millionen Euro. «Wir brauchen keine finanziellen Hilfen. Und bei uns sind keine Beschäftigten in Kurzarbeit», betonte Krebber, der im kommenden Jahr neuer RWE-Vorstandschef werden soll.
Stromerzeugung und Stromverbrauch in Deutschland sind vor allem im April coronabedingt deutlich gesunken. Nach Zahlen der Bundesnetzagentur lag der Stromverbrauch um mehr als 8 Prozent unter dem im April 2019. An der Strombörse hat das zusammen mit der hohen Erzeugung von Ökostrom und die niedrigeren Kosten für Verschmutzungsrechte (CO2-Zertifikate) den Strompreis kräftig sinken lassen.
Für RWE und die anderen grosse Stromproduzenten hat das aber keine Folgen. Sie haben ihren Strom schon für mehrere Jahre im Voraus verkauft und gegen Preisschwankungen abgesichert - bei RWE teilweise bis 2023. Auch wenn Strompreise und Stromnachfrage kurzfristig niedrig blieben, werde das RWE «wirtschaftlich kaum treffen», versicherte Krebber.
Stromkunden haben momentan wenig von den gesunkenen Börsenpreisen. Das zeigen auch die am Donnerstag vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen zur Preisentwicklung. Während Energieprodukte insgesamt im April um 5,8 Prozent günstiger waren, verteuerte sich der Strom für die Verbraucher um 4,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.
An der Börse kamen die RWE-Zahlen gut an. Analysten sprachen von einem starken Jahresstart der Essener, die die hohen Markterwartungen deutlich übertroffen hätten. Seit Jahresanfang haben die als wenig konjunkturanfällig geltenden Aktien von RWE nur um rund 2 Prozent nachgegeben, während der Dax etwa 22 Prozent verloren hat. Nach einer Auswertung des Beratungs- und Prüfungsunternehmens EY ist RWE eines von elf Dax-Unternehmen, das im ersten Quartal ein Gewinnplus schaffte.
Nach dem Deal mit dem bisherigen Rivalen Eon ist RWE zu einem der weltweit führenden Ökostromproduzenten geworden. Von Januar bis März hat RWE auch dank kräftig wehender Winde mehr Strom aus erneuerbaren Energien als aus Braunkohle produziert. Windräder, Solarparks und Wasserkraftwerke lieferten 9,2 Milliarden Kilowattstunden, die Braunkohlemeiler 8,6 Milliarden Kilowattstunden. Die Stromproduktion ging insgesamt um 9 Prozent auf 37,5 Milliarden Kilowattstunden zurück.
Doch nicht allen Investoren geht der Wandel von RWE zum Grünstrom-Produzenten schnell genug. Der norwegische Staatsfonds Norges hat RWE mit Verweis auf die Kohleförderung und Stromerzeugung aus Kohle aus seinem Aktienbestand geworfen. Die Norweger hielten zwar nur 0,6 Prozent an RWE, ihr Schritt hat aber viel Aufmerksamkeit gefunden.
Entsprechend scharf reagierte Krebber. Er sei «persönlich enttäuscht». Norges habe eine «Bewertung der Vergangenheit» vorgenommen und den Wandel von RWE ignoriert. RWE stecke 85 Prozent seiner Investitionen in grüne Technologien. Deshalb sei er sicher, dass die Norweger keine Nachahmer fänden.