Windkraft-Zubau 2019 auf niedrigstem Stand seit dem Jahr 2000
Der Bau neuer Windkraftanlagen an Land ist im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit dem Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 gefallen.
Das Wichtigste in Kürze
- Industrie fordert Sofortprogramm und Verzicht auf pauschale Abstandsregeln.
Wie die Branchenverbände BWE und VDMA am Dienstag mitteilten, gingen 2019 lediglich 325 neue Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1078 Megawatt ans Netz. Dies waren demnach 55 Prozent weniger als 2018 und 80 Prozent weniger als 2017.
Der Nettozubau war 2019 demnach mit nur 243 Anlagen sogar noch geringer, da zugleich 82 alte Windkraftanlagen abgebaut wurden. Für 50 Bestandsanlagen gab es ein sogenanntes Repowering, also eine Nachrüstung auf in der Regel eine höhere Leistung. Insgesamt ergab sich daraus ein Zuwachs der Nettoleistung für Onshore-Wind von gerade einmal 981 Megawatt, wie der Bundesverband Windenergie (BWE) und der Fachverband Power Systems des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagebau (VDMA) weiter mitteilten.
Die Verbände verwiesen auf Schätzungen, wonach der jährliche Zubau durchschnittlich rund 5000 Megawatt betragen müsse, um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, den Anteil erneuerbarer Energien am Strommix bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Dies werde bei Weitem verfehlt.
Für 2020 erwarten BWE und VDMA zwar wieder einen leichten Zuwachs, der aber mit schätzungsweise 1400 bis 1800 Megawatt ebenfalls für das Erreichen der Klima- und Energieziele nicht ausreiche. Zudem würden zum Jahresende rund 4000 Megawatt Windleistung aus der EEG-Förderung fallen. Dort müsse «das Repowering unter erleichterten Bedingungen möglich sein».
«Um die Ausschreibungsvolumina mit Projekten zu füllen sowie die Ausbau- und Klimaschutzziele zu erreichen, müssen die identifizierten und seit Langem bekannten Genehmigungshemmnisse schnellstmöglich beseitigt und mehr Flächen für Windenergieanlagen ausgewiesen werden», forderte BWE-Präsident Hermann Albers in Berlin. Neue Hindernisse etwa durch pauschale Abstandsregeln von Wohnbebauung sollten dagegen vermieden werden, verlangten die Verbände weiter. Andernfalls drohe «der Verlust von rund 40 Prozent der potenziellen Windflächen in Deutschland».
«Das Versagen der Bundesregierung bei der Energiewende kann man an den 2019 neu gebauten Windrädern messen», kritisierte die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) habe 2019 «zu einem verlorenen Jahr bei der Energiewende gemacht», erklärte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. «Das ist nicht nur eine Katastrophe für den Klimaschutz, sondern auch für die Arbeitsplätze in der Branche und die Versorgungssicherheit.»
Die Bundesregierung plant einen pauschalen Mindestabstand von Windrädern zu Wohnbebauung von 1000 Meter. Dies soll sogar für Gruppen einzelner Häuser gelten. Das Vorhaben geht auf eine Vereinbarung in der Koalition zurück, die Umsetzung stösst inzwischen aber auch in der SPD auf Widerstand. Scharfe Kritik kommt zudem vom Umweltbundesamt.
«Eine Abstandsregel für Windräder wäre das Ende der Energiewende an Land», warnte der Linken-Klimaexperte Lorenz Gösta Beutin. Er warf der Bundesregierung eine Politik zum «Schaden von Klima und Beschäftigten» vor. Beutin verlangte, die Akzeptanz der Windkraft «durch eine direkte Beteiligung von Kommunen und Bürgern an den Windkraft-Einnahmen» zu erhöhen. «Wir müssen die Akzeptanz für Windkraft erhöhen, nicht den Abstand», forderte auch Linken-Parteichefin Katja Kipping.