Katholiken beraten über Reformen
Die katholische Kirche in Deutschland will mit einem Reformprozess einen Weg aus ihrer Krise finden. Das wichtigste Gremium dafür nimmt nun seine Arbeit in Frankfurt auf. Die Erwartungen sind hoch.
Das Wichtigste in Kürze
- Suche nach Aufbruch nach den Erschütterungen des Missbrauchskandals: Im Frankfurter Dom ist die erste Versammlung des Reformprozesses Synodaler Weg der katholischen Kirche eröffnet worden.
Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Katholischen Bischofskonferenz, sprach im Eröffnungsgottesdienst in seiner Predigt von einem Experiment nach den «Erschütterungen des Missbrauchskandals» und einem «Weg, der einmalig ist». Es gehe darum, gemeinsam mitzuhelfen, dass Kirche Glaubwürdigkeit zurückgewinnt, sagte Marx. Der Synodale Weg solle helfen, «dass wir wieder ermutigt werden.»
Der Missbrauchskandal sei Auslöser von Unruhe, Unzufriedenheit und Verärgerung gewesen, sagte Thomas Sternberg, Präsident des Synodalen Wegs und des Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK). Viele Menschen seien aufgebracht und bereit, der Kirche den Rücken zu kehren. «Vielleicht war das der Tropfen, der ein Fass zum Überlaufen brachte, in dem sich Ärger und Enttäuschung über liegengebliebene Reformen seit dem Ende der Siebzigerjahre angestaut haben.» Auch die inzwischen selbstverständliche Teilhabe der Frauen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik müsse in der Kirche zu wirklichen Reformen führen, sagte Sternberg.
Bis Samstag tagt in Frankfurt erstmals die Versammlung des Synodalen Weges, eines im Dezember begonnenen Reformprozesses der katholischen Kirche in Deutschland.
«Wir machen jetzt ein Experiment», sagte Marx vor dem Gottesdienst. «Das ist etwas, was es so in der Form noch nicht gegeben hat.» Er zeigte sich zuversichtlich, warb aber auch um realistische Erwartungen an die Ergebnisse: «Wir sind keine gesetzgebende Versammlung, kein Parteitag.» Man könne nicht alle Probleme lösen und bewege sich im Rahmen der Regularien der Weltkirche.
Die Versammlung soll vier Themenfelder bearbeiten: den Umgang der Kirche mit Macht, die kirchliche Sexualmoral, die Ehelosigkeit von Priestern (Zölibat) und die Position von Frauen in der Kirche. Am Ende des auf zwei Jahre angelegten Reformprozesses sollen konkrete Beschlüsse stehen. Dem Gremium gehören 230 Mitglieder an: die 69 deutschen Bischöfe, 69 Vertreter des ZdK und 92 Vertreter katholischer Berufsgruppen.
Die Reformbewegung «Wir sind Kirche» blickt mit einer Mischung aus Hoffnung und Skepsis auf die Beratungen. «Der Synodale Weg wird kein Spaziergang werden, er wird eine anspruchsvolle Bergbesteigung werden», sagte ihr Sprecher Christian Weisner. Er bezeichnete den Synodalen Weg als eine «letzte Chance» und untrennbar mit dem Missbrauchsskandal verbunden. Weisner kritisierte eine «Pseudobeteiligung» der kirchlichen Laien, es sei nicht transparent, wie die Teilnehmer berufen wurden.
Matthias Katsch von der Organisation «Eckiger Tisch» der vom Missbrauch Betroffenen forderte eine Aussetzung des Synodalen Wegs, bis sich die Kirche auf eine Entschädigungsregelung für ihre Opfer geeinigt habe. «Aus unserer Sicht kann der Synodale Weg nicht starten, solange die Opfer draussen vor der Tür stehen und immer noch auf eine Antwort warten», sagte er. «Erst die Opfer, dann die Reform, nicht umgekehrt.»
Vor dem Einzug der Synodalteilnehmer bildeten demonstrierende Frauen ein Spalier, unter anderem mit Plakaten, auf denen sie «Gleiche Rechte, gleiche Würde» forderten. Einige der Demonstrantinnen forderten die Frauen-Ordination.