Sechs von neun planetaren Belastungsgrenzen wurden bereits überschritten. Eine Drosselung der Erderwärmung auf unter 1,5 Grad sei nicht mehr zu erreichen.
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Anhaltender Smog und Luftverschmutzung in Nordmazedonien. Die Städte beklagen seit langer Zeit steigende Krankheitszahlen aufgrund der schlechten Luftqualität. Planetare Grenzen werden uner anderem durch den enormen CO₂-Ausstoss der Menschheit überschritten. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die planetaren Grenzen markieren die Belastungsschwellen des Planeten.
  • Mit Überschreitung der Grenzen steigen die Risiken für unsere Biosphäre erheblich.
  • Forschern zufolge wurden sechs von neun Schwellen bereits überschritten.
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«Die Erde ist ein Patient, dem es nicht gut geht», äusserte Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). In einer Mitteilung des Instituts erörterte er die starken Risiken der Ausbeutung unseres Planeten durch die Menschheit. Dabei ging es unter anderem um die neun sogenannten planetaren Belastungsgrenzen – von denen bereits sechs überschritten seien. Zum Teil deutlich.

«Wir wissen nicht, wie lange wir entscheidende Grenzen derart überschreiten können, bevor die Auswirkungen zu unumkehrbaren Veränderungen und Schäden führen.»

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Die Folgen des Klimawandels sind deutlich zu sehen. Sechs von neun Planetare Grenzen sind überschritten. - dpa

So erläuterte Erstautorin Katherine Richardson von der Universität Kopenhagen: «Wir können uns die Erde als einen menschlichen Körper vorstellen und die planetaren Grenzen als eine Form des Blutdrucks. Ein Blutdruck von über 120/80 bedeutet zwar keinen sofortigen Herzinfarkt, aber er erhöht das Risiko.»

Deutliche Überschreitungen bei Erderwärmung und Biosphäre

Bei den planetaren Grenzen handelt es sich um neun Teilbereiche. So etwa die Nutzung von Süsswasser, die Funktion der Biosphäre, das Klima oder die Aerosolbelastung der Atmosphäre.

Deutlich überschritten sei der sichere Bereich bei der globalen Erwärmung. Ebenso bei der Unversehrtheit der Biosphäre, schreibt das Team im Fachjournal «Science Advances». Dabei verweist es auf das Artensterben und die Zerstörung von Lebensräumen.

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Mikroplastik löst sich beim Waschgang aus der Kleidung und gelangt so ins Abwasser. - zvg / Electrolux

Überschritten sei die Grenze auch im Bereich des Einbringens neuartiger Stoffe in die Umwelt. Dazu gehöre der Eintrag vom Menschen erzeugter chemischer Verbindungen wie Mikroplastik, Pestiziden oder Atommüll. Nicht ganz so kritisch sei die Situation beim Verbrauch von Süsswasser. Doch auch hier sei die planetare Grenzen überschritten, heisst es weiter.

Planetare Grenzen: Ozeanversauerung gerade noch im grünen Bereich

Derzeit noch im sicheren Bereich liegt demnach die weltweite Partikelverschmutzung der Atmosphäre. In einigen Regionen wie etwa Südasien würde diese Grenze jedoch regelmässig überschritten. Die Ozeanversauerung liegt nach der Definition der Forscher gerade noch im grünen Bereich, ebenso der Ozonabbau in der oberen Atmosphäre.

Für die Neubewertung der planetaren Grenzen nutzte das Forschungsteam zum einen aktuelle Studien. Zum anderen simulierte es die Entwicklung der Erde und der Biosphäre für mehrere hundert Jahre in die Zukunft. Als Vergleichsbasis diente ihnen die Phase zwischen der letzten Eiszeit und dem Beginn der Industriellen Revolution.

1,5-Grad-Ziel nicht mehr realistisch

Wenn eine Belastungsgrenze überschritten sei, gebe es aber noch Möglichkeiten, die Lage zu bessern, betont das Team. Dabei verwies es etwa auf Aufforstung.

Deutlich gebremst werden könne die Erderwärmung mit folgenden Mitteln: Der CO₂-Gehalt der Atmosphäre müsste auf 450 Teilchen pro Million (parts per million, ppm) begrenzt werden (derzeit 417). Der Bestand des borealen und des tropischen Waldes dürfe nicht unter 60 Prozent der ursprünglichen Bewaldung sinken. Damit würde «ein durchschnittlicher Temperaturanstieg über dem Land von 1,4 Grad bis zum Jahr 2100» erreicht.

Allerdings halten etliche Klimaforscher die notwendige Senkung der Erderwärmung nicht mehr für realistisch. Eine Begrenzung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Phase sei nicht mehr zu schaffen.

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