Zwingen die Sanktionen Europas Lukaschenko in die Knie?

Jochen Tempelmann
Jochen Tempelmann

Weissrussland,

Der Konflikt zwischen Europa und dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko verschärft sich. Doch können Sanktionen dem Diktator etwas anhaben?

Lukaschenko Sanktionen
Das umgeleitete Ryanair-Flugzeug am Samstag. Ob neue Sanktionen den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko (Bild von einer Militärparade) in die Knie zwingen können, bleibt fraglich - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die EU erhebt nach der Flugzeugentführung neue Sanktionen gegen Belarus.
  • Betroffen sind vor allem Auslandsflüge aus der und in die EU.
  • Doch der wichtigste Partner für Diktator Lukaschenko ist ohnehin Russland.

Spätestens seit der Entführung eines Ryanair-Flugzeugs am Samstag hängt der Haussegen zwischen Belarus und dem Rest Europas schief. Die EU verhängt neue Sanktionen – doch können diese auch etwas bewirken?

Die angekündigten Konsequenzen sind bereits bekannt: Neben weiteren Strafmassnahmen gegen Diktator Alexander Lukaschenko und seine Unterstützer soll belarussischen Flugzeugen der Flug durch den EU-Luftraum untersagt werden. Ferner wurde europäischen Fluggesellschaften geraten, den belarussischen Flugraum zu meiden – die Swiss ist der Empfehlung bereits gefolgt.

Schweiz prüft Übernahme der EU-Sanktionen

Beim SECO, welches für Sanktionen verantwortlich ist, prüfe man derzeit die Übernahme der neuen EU-Sanktionen. «Die Schweiz ist weder rechtlich noch politisch verpflichtet, die Sanktionen der EU zu übernehmen», stellt ein SECO-Mediensprecher klar. Die Entscheidung liege beim Bundesrat.

Lukaschenko
Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus, und Wladimir Putin (r.), Präsident von Russland, nehmen an einer Zeremonie zur Einweihung eines Weltkriegsdenkmals teil. - dpa

Bisher hat die Schweiz die meisten EU-Sanktionen gegen Belarus mitgetragen. Dazu gehören seit Ende des vergangenen Jahres unter anderem Konto- und Reisesperren gegen Personen aus Lukaschenkos Machtapparat und ein Waffenembargo. Da der EU-Luftraum die Schweiz umschliesst, können belarussische Flugzeuge mit dem EU-Flugverbot ohnehin nicht mehr in den Schweizer Luftraum vordringen.

Empfindliche Stelle getroffen?

Die bisherigen Sanktionen haben nicht zu einem Einlenken seitens Lukaschenko geführt: Der Machterhalt schien dem Diktator wichtiger zu sein als eingefrorene Konten im Ausland und der Verlust von Reisefreiheiten. Seit Ende Oktober sind die Landesgrenzen zu Polen, Lettland, Litauen und der Ukraine geschlossen. Die belarussische Führung begründete dies mit der Corona-Pandemie.

Belarus Lukaschenko Entführung Flugzeug
Die EU-Länder Lettland, Litauen und Polen haben die EU-Sanktionen übernommen. Die Ukraine hat ebenfalls ein Flugverbot verhängt – offen bleibt die Grenze zu Russland. - Wikicommons/TUBS

Trotz zwischenzeitlich gesunkenen Corona-Zahlen wurden die Grenzen jedoch nicht geöffnet. Einerseits war der Flugverkehr damit die einzige Verbindung in die EU-Nachbarländer. Andererseits wurde schon lange davon ausgegangen, dass die Grenzschliessungen im Wesentlichen dafür dienten, die Bürger im eigenen Land zu halten.

Weniger Europa, mehr Russland

Treffen dürfte es vor allem die belarussische Fluggesellschaft Belavia, die derzeit noch mit Direktflügen nach München oder Helsinki wirbt. Westliche Touristen sind jedoch nur ein kleiner Wirtschaftsfaktor: Mehr als die Hälfte aller Touristen stammten 2019 gemäss dem nationalen Statistikamt aus Russland.

Lukaschenko Protassewitsch Sanktionen
Von Minsk direkt nach München: Die Fluggesellschaft Belavia dürften die Sanktionen empfindlich treffen. Ob das für ein Einlenken Lukaschenkos genügt, bleibt fraglich. - Keystone

Betroffen sein könnte allenfalls der Aussenhandel. Doch auch hier stellte Russland 2018 gemäss Weltbank mit 38 Prozent den grössten Exportanteil. Bei den Importen waren es gar 58 Prozent aus Russland.

Angesichts dieser Zahlen dürfte Lukaschenkos Plan klar sein: Belarus und Russland, welches selbst nicht zimperlich mit Regimekritikern umgeht, dürften noch enger zusammenrücken. Betrachtet man Lukaschenkos Kurs seit den Wahlen vergangenen Jahres, scheint es unwahrscheinlich, dass die belarussische Regierung ihren Kurs ändert.

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