Coronavirus und Tröpfcheninfektion: Was man weiss - und was nicht
Das Coronavirus wird über die Tröpfcheninfektion übertragen, da ist sich die Wissenschaft einig. Ganz viele Detailfragen sind aber noch noch offen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Coronavirus verbeitet sich hauptsächlich via Tröpfcheninfektion.
- Die Wissenschaft geht derzeit aber noch einer Vielzahl von Detailfragen nach.
- Auf welche Arten man sich alles anstecken kann, ist nach wie vor mehrheitlich unklar.
Das Coronavirus hält uns dieser Tage auf Distanz. Zwei Meter, um genau zu sein. So sollen weitere Ansteckungen verhindert werden, zitiert das BAG die Wissenschaft. Diese ist sich einig, dass die Ausbreitung des Virus hauptsächlich via Tröpfcheninfektion stattfindet.
Gleichzeitig ist aber ganz viel zu diesen Tröpfchen und ihrer Ansteckungsgefahr noch nicht bekannt. Zahlreiche Detailfragen sind derzeit noch ungeklärt und Gegenstand von wissenschaftlichen Untersuchungen.
Tröpfcheninfektion und Aerosole
Wenn jemand hustet oder niest, gelangen Tröpfchen der unterschiedlichsten Grössen in die Umwelt. Die grösseren Tröpfchen fliegen nicht weit, weil sie zu schwer sind und darum rasch zu Boden sinken. Sie gelten als hoch ansteckend, da sie bei Infizierten oft schwer mit Viren beladen sind.
Etwas anders verhält es sich mit Tröpfchen, die nur wenige Mikrometer gross sind. Die sogenannten Aerosole schweben über längere Zeit in der Luft und verteilen sich mit der Luftzirkulation im Raum. Im Unterschied zu den grösseren Tröpfchen werden sie nicht nur beim Niesen freigesetzt, sondern auch beim Ausatmen oder Sprechen.
Ob und wie stark diese Aerosole mit der Ausbreitung des Coronavirus zusammenhängen, ist bisher nicht geklärt. Das Virus wurde in verschiedenen Studien zwar schon in der Luft nachgewiesen.
Wie hoch die durchschnittliche Konzentration an Viren-Partikeln um einen Corona-Patienten herum ist, ist aber noch unklar. Genauso, wie viele Viren-Partikel notwendig sind, um sich zu infizieren.
Äussere Umstände
Entscheidend bei der Verbreitung der Viren sind etwa die Grösse der Tröpfchen, wie schnell sie verdunsten oder zu Boden sinken. Das hängt auch damit zusammen, wie weit sie in einem Luftstrom getragen werden können.
Für die Verdunstung wichtige Faktoren sind die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit. Je höher diese ist, umso schlechter verdunsten Tropfen. Wenn es heisser und trockener ist, geht die Verdunstung schneller.
Grundsätzlich kann darum davon ausgegangen werden, dass eine Ansteckung in einem Innenraum wesentlich wahrscheinlicher ist als draussen. Auch Schmier-Infektionen auf Oberflächen wurden deutlich öfters in Innenräumen nachgewiesen. Ausserdem stehen Klimaanlagen im Verdacht, bei der Verbreitung des Coronavirus eine entscheidende Rolle zu spielen.
Abstand halten
Durch Abstandhalten lässt sich verhindern, dass wir die schweren, möglicherweise mit viel Viren beladenen Tröpfchen auffangen. Die meisten Länder empfehlen darum 1,5 oder zwei Meter Abstand.
Forscher aus Belgien sehen in dieser Empfehlung aber Probleme. Gemäss ihren Berechnungen reicht der empfohlene 1,5-Meter-Abstand bei schnellerer Fortbewegung nicht aus, um allen Tröpfchen zu entgehen. Wer mit etwa 5 km/h hintereinander hergeht, sollte demnach fünf Meter Abstand wahren. Jogger sogar noch mehr.
Gleichzeitig berücksichtigt die Studie weder Rücken- oder Seitenwind noch Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Schon ein einziger kleiner Windstoss kann eine Virenwolke im Freien komplett zerstäuben.
Masken können vor Infektion mit Coronavirus schützen
Hygiene- und Schutzmasken sollen verhindern, dass beim Husten, Niessen oder Sprechen viele Tröpfchen und Aerosole freigesetzt werden. Ein Experiment aus den USA zeigt eindrücklich, was für einen Einfluss eine Schutzmaske haben kann.
In this experiment, investigators used a laser in a darkened box to visualize approximately 300 droplets that were generated during speech. #COVID19 #SARSCoV2 pic.twitter.com/bLaX9ORDT9
— NEJM (@NEJM) April 23, 2020
Auch können Tröpfchen, welche beispielsweise beim Sprechen ausgestossen werden, bis zu zwölf Minuten in der Luft verweilen. Dies besagt eine Studie des National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases (NIDDK).
Die Wissenschaftler gehen anhand bekannter Daten davon aus, dass ein Mensch pro Minute lauten Sprechens mehr als tausend Viren-Tröpfchen produziert. Die Ergebnisse der Forscher würden so die schnelle Ausbreitung des Virus erklären. Auch das Tragen von Schutzmasken würde so wissenschaftlich begründet werden.
Masken-Kritiker halten dem entgegen, dass Aerosole von einer Schutzmaske weder vollständig abgewehrt noch zurückgehalten werden. Eine Studie aus Österreich hat ausserdem rund 35 Prozent aller Infektionsherde in Alters- und Pflegeheimen ausgemacht. Dies, obwohl dort schon seit dem Anfang der Pandemie eine Maskenpflicht herrscht.