Dank Virtual Reality selbst zum Chirurgen werden
Mit einer VR-Brille mitten ins Herz blicken, eine neue Krebstherapie am eigenen Leib spüren – Die Ausstellung «Bewegte Einblicke» zeigt Forschung zum Anfassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Ausstellung «Bewegte Einblicke» zeigt medizinische Forschung der Universität Basel.
- Diese kann man anfassen. So können Besucher etwa eine chirurgische VR-Brille ausprobieren.
- Oder mit der Hand Ultraschallwellen erspüren, die in der Krebstherapie zum Einsatz kommen sollen.
Ich ziehe den menschlichen Brustkorb an mich heran, tauche unter den Rippenbögen hindurch, bis ich das Herz ganz nah vor mir sehe. Wie das geht? Mit Hilfe der Virtual-Reality (VR)-Brille, die ich trage. Durch sie sehe ich einen Brustkorb mit Organen in 3D vor mir. Mit einer Steuerung, die ich wie eine Fernbedienung in der Hand halte, kann ich den Torso in alle Richtungen drehen und wenden. Auch so, dass ich aus dem Herzen heraus direkt in die Hauptschlagader hineinsehen kann. Ihre schiere Grösse überrascht mich: Sie ist so dick wie die Wirbelsäule, der Gedanke an das ganze Blut erschreckt mich.
Diese VR-Brille nutzen Chirurgen tatsächlich, um sich die Bilddaten ihrer Patienten vor einer Operation in 3D anzuschauen. So können sie komplizierte Eingriffe schneller und besser planen.
Nun können auch Patienten die Brille ausprobieren: Vom 27. April bis zum 1. Juni zeigt die Ausstellung «Bewegte Einblicke. Medizin in der vierten Dimension» im Pharmaziemuseum Basel aktuelle Forschung des Departement of Biomedical Engineering der Universität Basel. Dessen Leiter Philippe Cattin und sein Team haben die weltweit einzigartige VR-Brille entwickelt. Chirurgen an den Universitätsspitälern in Basel und Genf nutzen sie bereits bei Operationen, hauptsächlich bei lebensbedrohlichen Gefässerweiterungen im Gehirn.
Erleben statt Erklären
In der Ausstellung gibt es grundsätzlich wenig Text und Erklärung dafür umso mehr Erleben und Anfassen. «Sie ist für Jugendliche von zwölf Jahren bis zum Maturaalter konzipiert», sagt Kurator Reinhard Wendler. «Das Wichtigste ist der Spass». Wer doch mehr wissen will, findet über QR-codes und Links Informationen, die bis in die Tiefen der Forschungsprojekte führen.
Forschung zum Anfassen – Jetzt habe ich sogar das Gefühl, selbst angefasst zu werden. Ich halte meine Hand über ein neuartiges Ultraschallgerät. An den Fingerspitzen kitzelt es, ich spüre den Ultraschall als sanften Druck auf der Handfläche.
Ultraschall zur Krebstherapie
Hinter dem Gerät steht ein Verfahren zur Krebstherapie, bei dem Tumore mit Ultraschall sozusagen kaputt-gekocht werden. Das ist dann sinnvoll, wenn sie nicht chirurgisch entfernt oder bestrahlt werden können, etwa weil sie zu dicht an Blutgefässen oder zu tief im Gewebe liegen.
Damit dabei kein gesundes Gewebe zerstört wird, muss der Ultraschall den Tumor punktgenau treffen. Das Geschwür bewegt sich aber mit der Atmung, weswegen sich die Schallwellen ebenfalls bewegen müssen. Um dieses Problem zu lösen, haben Philippe Cattin und sein Team ein mathematisches Modell entwickelt, das die Atembewegung für jeden Patienten individuell voraussagt. Im Moment prüfen die Forscher noch die Verlässlichkeit der Methode, erst danach werden Ärzte sie einsetzen können.
Initiated by Gebert Rüf Stiftung