Eine Forschungsmission startet zum Merkur. Bei Ankunft der Satelliten in sieben Jahren soll auch Schweizer Technik helfen, Geheimnisse des Planeten zu lüften.
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Eine grafische Darstellung der beiden Orbiter von «BepiColombo» am Planeten Merkur. - DLR/ESA/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Am frühen Samstagmorgen starten Forschungssatelliten auf dem Weg zum Merkur.
  • Der Planet gilt wegen seiner Temperaturen als kniffliges Forschungsobjekt.
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Es ist erst die dritte Mission zur Erkundung des Planeten Merkur: «BepiColombo», benannt nach dem italienischen Mathematiker und Merkur-Forscher Giuseppe «Bepi» Colombo, soll um 03.45 Uhr am Samstagmorgen vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana starten. Sieben Jahre dauert die Reise, bis die Sonde nach komplexen Manövern auf eine Umlaufbahn um den sonnennächsten Planeten einschwenkt.

Die Nähe zur Sonne und die extremen Temperaturen von rund 400 Grad Celsius auf der sonnenzugewandten und minus 200 Grad auf der sonnenabgewandten Seite, machen den Planeten Merkur zu einem kniffligen Forschungsobjekt. Zwei Orbiter sollen sich der Herausforderung stellen: Der «Mercury Planetary Orbiter» (MPO) der Europäischen Raumfahrtagentur Esa und der «Mercury Magnetospheric Orbiter» (MMO) der Japanischen Weltraumagentur Jaxa, sollen ab 2025 fleissig Daten sammeln, um einige der Rätsel um den innersten Planeten unseres Sonnensystems zu lüften.

Eine 3D-Karte des Merkur

Eines der Instrumente mit an Bord des Esa-Orbiters ist ein Laser-Höhenmesser namens Bela (BepiColombo Laser Altimeter), das ein 3D-Abbild der Merkur-Oberfläche erstellen soll. Konzipiert und gebaut wurde das Instrument unter Leitung von Nicolas Thomas von der Universität Bern.

«Einer der Gründe, warum wir den Merkur genauer erkunden möchten, ist, dass er anders als die anderen Gesteinsplaneten keine nennenswerte Atmosphäre hat, die seine Oberfläche im Laufe der Zeit verändert hat», erklärte Thomas im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Dort können wir noch Hinweise finden, wie die inneren Planeten des Sonnensystems in ihren Anfängen vor vier Milliarden Jahren aussahen.»

Ein Rätsel des Merkur, das Thomas und sein Team dank der Daten von Bela und Schwerefeldmessungen eines weiteren Instruments an Bord zu lüften hoffen, ist die ungewöhnlich grosse Dichte des Planeten. «Mein Kollege Willy Benz von der Uni Bern hat in den 1980er Jahren die Theorie aufgestellt, dass ein grosser Einschlag den Merkur verdichtet hat», so Thomas. «Das hoffen wir durch Vergleich des topographischen Abbilds der Merkur-Oberfläche und des Schwerefelds überprüfen zu können, nämlich ob der Masse-Schwerpunkt im Vergleich zum strukturellen Mittelpunkt verschoben ist.»

Herausfordernde Bedingungen

Neben dem Raketenstart in Kourou, zu dem Thomas reisen wird, und den komplexen Flugmanövern auf dem Weg zum Merkur, sorgt insbesondere die Temperaturempfindlichkeit der Instrumente für eine gewisse Nervosität: «Der Laser und das Teleskop, mit dem wir den reflektierten Laserstrahl von der Merkur-Oberfläche auffangen, müssen perfekt ausgerichtet sein. Falls der Temperaturgradient im Inneren des Satelliten falsch berechnet worden sein sollte, könnte sich die Ausrichtung verschieben, und der reflektierte Laserstrahl ausserhalb des Sichtfelds des Teleskops landen.»

Sollte alles klappen, liessen sich die Daten für ein komplettes 3D-Abbild des Merkur wohl innerhalb eines halben Jahres sammeln, verrät Thomas. «Aber je mehr Daten, desto präziser das Bild, das wir erhalten.» Längerfristig wäre auch vorstellbar, die Daten für eine Art «GoogleEarth» für den Merkur aufzubereiten und so der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Flüchtige Partikelwolke

Ein weiteres Instrument, ein Massenspektrometer namens «Strofio», soll die chemische Zusammensetzung der extrem dünnen Atmosphäre des Merkur analysieren. Wegen seiner geringen Masse kann der Planet keine richtige Atmosphäre aufrecht erhalten; Fachleute sprechen daher von einer Exosphäre. Partikel lösen sich von der Oberfläche, verbleiben in einer Art dünnen Wolke um den Merkur, ohne wirklich mit anderen Partikeln in Berührung zu kommen, und kehren entweder auf die Oberfläche zurück oder entweichen ins All.

Strofio ist eines von vier Komponenten des Serena-Instruments, das die Exosphäre untersuchen soll. Das Massenspektrometer wurde an der Universität Bern unter Leitung von Peter Wurz im Detail berechnet und optimiert. Auch an der Datenauswertung wird sein Team beteiligt sein, wie er im Online-Magazin der Hochschule angibt. «Schon jetzt entwickeln wir an der Universität Bern komplexe mathematische Modelle, um Merkurs Exosphäre zu beschreiben.»

Aber nicht nur die akademische Forschungswelt der Schweiz ist hautnah mit dabei auf der Mission zum Merkur: So lieferte zum Beispiel das Unternehmen Ruag Space neben anderen Komponenten die Struktur des MPO aus Aluminium-Paneelen. Die Firma Micro-Cameras & Space Exploration SA lieferte ausserdem Kamerasysteme für BepiColombo.

Von Anfang an dabei

Somit macht sich am Samstag auch einiges an Schweizer Know-How und Forschergeist auf den Weg zum sonnennächsten Planeten. Peter Wurz und Nicolas Thomas waren von Anfang an als Teil der Esa-Arbeitsgruppe an Konzept und Planung der BepiColombo-Mission beteiligt.

Ob er selber an der Auswertung der Daten noch beteiligt sein wird, steht für Thomas allerdings in den Sternen, da er just Ende 2025 oder Anfang 2026 in den Ruhestand gehen werde. «Aber man kann nicht über so viele Jahre hinweg an einer Mission arbeiten und sich dann einfach komplett davon zurückziehen», sagt der Forscher. «Wir hoffen sehr, dass das Team weiter an den Daten arbeiten kann.»

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