Coronavirus: So zerstört die Krankheit die Lunge

Keystone-SDA
Keystone-SDA

Deutschland,

Laut Forschern kann eine durch Corona ausgelöste fehlgeleitete Immunreaktion die Lunge angreifen. Die Schäden sind aber reparabel.

Corona
Eine Corona-kranke Person auf der Instensiv-Station. - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Corona-Patienten weisen oft eine vernarbte Lunge auf.
  • Die Ursache dafür könnte eine fehlgeleitete Immunreaktion sein.
  • Dadurch befeuern Fresszellen die Vernarbung.

Eine schwere Erkrankung mit dem Coronavirus geht oft mit einer starken Vernarbung des Lungengewebes einher. Laut deutschen Forschern gibt es sogar Parallelen zur chronischen Lungenfibrose. Möglicherweise bringt Sars-CoV-2 die Fresszellen des Immunsystems dazu, Vernarbungsprozesse zu befeuern. Das berichtet ein deutsches Forscherteam um Leif-Erik Sander von der Berliner Charité im Fachmagazin «Cell».

Das habe letztlich zur Folge, dass Patienten aussergewöhnlich lange unterstützend mit Sauerstoff versorgt werden müssen. Oder sogar über eine künstliche Lunge – die ECMO – eine Beatmung brauchen.

Coronavirus
Laut der Studie lag die Sterblichkeit bei Patienten, die beatmet wurden, bei 53 Prozent. (Symbolbild) - dpa-infocom GmbH

Bei einem schweren Verlauf von Covid-19 entwickelt sich bei vielen Patienten ein akutes Lungenversagen. Dies wird auch ARDS genannt (Acute Respiratory Distress Syndrome). Die Forschenden um Sander gingen in ihrer Studie der Vermutung nach, dass dabei das Lungengewebe der Patienten vernarbt, verdickt und unelastisch wird. Ganz ähnliche Vorgänge laufen bei einer bisher unheilbaren Form der Lungenvernarbung ab, der idiopathischen Lungenfibrose.

Forscher: Durch Coronavirus verstorbene Patienten hatten enorme Schäden

Die Wissenschaftler untersuchten zunächst das Lungengewebe verstorbener Patienten unter dem Mikroskop. Dabei fanden sie charakteristische Merkmale einer schweren Fibrose.

Fürchten Sie sich vor einer Covid-Erkrankung?

«Bei fast allen Betroffenen haben wir enorme Schäden entdeckt: Die Lungenbläschen waren weitgehend zerstört, die Wände deutlich verdickt. Ausserdem fanden wir ausgeprägte Ablagerungen von Kollagen, welches ein Hauptbestandteil von Narbengewebe ist», sagte Peter Boor vom Institut für Pathologie an der RWTH Aachen.

Fresszellen des Immunsystems in Lunge

Typischerweise entwickele sich das Lungenversagen erst zwei bis drei Wochen nach Auftreten der ersten Symptome, erläuterte Sander. «Das weist darauf hin, dass nicht die unkontrollierte Virusvermehrung zum Versagen der Lunge führt, sondern nachgeschaltete Reaktionen, beispielsweise des Immunsystems, eine Rolle spielen.»

Das Team untersuchte deshalb im nächsten Schritt die Immunzellen in Lungenspülungen und Lungengewebe von schwer erkrankten oder verstorbenen Covid-19-Patienten.

Coronavirus
Ärzte scannen die Lunge eines Corona-Patienten in Wuhan. - Keystone

Sie fanden, dass sich vor allem Makrophagen in der Lunge betroffener Patienten ansammeln. Diese Fresszellen beseitigen normalerweise Erreger oder Zellabfälle, sind aber auch an der Wundheilung beteiligt.

Bei einer schweren Erkrankung mit dem Coronavirus scheinen sie mit bestimmten Zellen des Bindegewebes in Kontakt zu treten. Diese vermehren sich daraufhin stark und bilden grosse Mengen Kollagen. Nachfolgende Untersuchungen in Zellkulturen legten nahe, dass Sars-CoV-2 die fehlgeleitete Reaktion der Fresszellen anstösst. Grippeviren konnten dies hingegen nicht.

Vernarbungen bei Patienten mit Coronavirus sind reparabel

«Unsere Daten zeigen also eindeutig Parallelen zwischen Covid-19 und der chronischen Lungenfibrose auf». Dies erklärte Antoine-Emmanuel Saliba vom Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung in Würzburg. «Das erklärt vielleicht, warum einige Risikofaktoren für Covid-19 auch Risikofaktoren für die idiopathische Lungenfibrose sind – zum Beispiel Grunderkrankungen, Rauchen, ein männliches Geschlecht und ein Alter über 60 Jahre.»

Corona
Patienten der Lungenkrankheit Covid-19 sind teilweise auf Beatmungsgeräte angewiesen. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/LAURENT GILLIERON

Anders als bei der idiopathischen Lungenfibrose, deren Ursache unbekannt ist, sind die Vernarbungen bei Covid-19-Patienten reparabel, wie die Forschenden weiter berichten.

Im Verlauf der Genesung lösen sich bei ihnen die Verdickungen und Vernarbungen zumindest zum Teil wieder auf. Eine genauere Untersuchung der Rückbildungsprozesse soll nun dazu beitragen, mögliche Behandlungsmöglichkeiten für beide Erkrankungen zu entwickeln, beziehungsweise die Vernarbungen von vornherein zu verhindern.

Mehr zum Thema:

Kommentare

Weiterlesen

Berner Inselspital
3 Interaktionen
Corona-Infektion
intensivstation 129
18 Interaktionen
Nun entlassen
24 Interaktionen
Hoffnungsschimmer
pharmaSuisse
Über Apotheken

MEHR IN NEWS

1 Interaktionen
Koblenz AG
Bankraub
Châtel-St-Denis FR
Nahostkonflikt
1 Interaktionen
In Grenznähe
Trump Dekret USA
11 Interaktionen
Streit

MEHR CORONAVIRUS

Swiss
230 Interaktionen
Ferien-Frust
China Sprecherin Corona
55 Interaktionen
Theorien
Pims corona
2 Interaktionen
Nach Corona
pims corona
5 Interaktionen
Studie

MEHR AUS DEUTSCHLAND

Springreiterin
Grosse Trauer
Friedrich Merz
11 Interaktionen
Lange Diskussionen
Patricia Blanco
4 Interaktionen
Trennungs-Zoff
München
1 Interaktionen
Ermittler