Immer mehr Klimaversprechen – Fahrplan jedoch häufig unklar
Laut Klimaschützern versprechen immer mehr Firmen und Regierungen Klimaneutralität. Wie sie diese erreichen wollen, erklären aber nur die wenigsten.
Das Wichtigste in Kürze
- Klimaschützer loben, dass viele Unternehmen und Länder Klimaneutralität versprechen.
- Sie kritisieren aber, dass der Weg dorthin häufig nicht oder kaum erklärt wird.
Immer mehr Regierungen und Unternehmen versprechen Klimaneutralität – wie sie allerdings dorthin kommen wollen, ist laut Umweltschützern häufig unklar. «Die Verwendung des Konzepts ist explosionsartig angestiegen», erklärte Klimapolitikexperte Frederic Hans am Montag.
«Aber wenn man das Ziel festlegt, ohne die mit diesem Ziel verbundenen Emissionsreduktionen zu kommunizieren, kann man nicht für seine Handlungen verantwortlich gemacht werden», betonte der Experte für Klimapolitik bei der deutschen Organisation Newclimate Institute.
Hans ist Hauptautor einer neuen Analyse der Initiative Net Zero Tracker. Darin wurden die Ankündigungen von 4000 Institutionen, darunter Regierungen von Staaten, Regionen und Städten sowie Unternehmen, unter die Lupe genommen. Die Forscher bewerteten unter anderem, wie detailliert die Strategien ausformuliert sind.
235 Grossstädte haben Strategien entwickelt
Die staatlichen Verpflichtungen zu einem Verzicht auf zusätzliche CO2-Emissionen decken mittlerweile Staaten mit rund 90 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung ab – sechsmal mehr als noch vor drei Jahren. 235 Grossstädte weltweit haben mittlerweile eigene Strategien zur Vermeidung weiterer Klimaschäden entwickelt. Und auch ein Drittel der grössten börsennotierten Unternehmen weltweit hat sich zur CO2-Neutralität verpflichtet.
Es gebe einen starken «Gruppenzwang, schnell Verpflichtungen einzugehen», schreiben die Autoren des Berichts. Dies könne «entweder zu massenhaftem Greenwashing oder zu einem grundlegenden Wandel hin zur Dekarbonisierung» führen, erklärte Hans' Kollege Takeshi Kuramochi.
Viele Unternehmen haben keine Zwischenziele
Auf staatlicher Seite sind zwei Drittel der nationalen Verpflichtungen inzwischen Gegenstand von Gesetzestexten oder in offiziellen Dokumenten verankert. 2020 war es nur ein Zehntel. Aber von den 702 untersuchten Unternehmen hat nur die Hälfte Zwischenziele – laut Forschern ein «inakzeptabel niedriges» Niveau. Und nur ein gutes Drittel der Unternehmen bezieht neben den eigenen Emissionen auch die der Zulieferindustrie in ihre Kalkulation ein.
Uno-Klimaexperten zufolge müssen die Emissionen vor 2025 ihren Höchststand erreichen und bis 2030 im Vergleich zu 2010 halbiert werden. Nur dann hat die Welt eine Chance, das ehrgeizigste Ziel des Pariser Abkommens einzuhalten, nämlich die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Die meisten führenden Industriestaaten haben sich verpflichtet, bis 2050 CO2-neutral zu werden. China will dieses Ziel 2060, Indien 2070 erreichen.