Knochenfunde belegen vielfältige Ernährung der Neandertaler
Neue Knochenfunde widersprechen der Annahme, dass sich Neandertaler insbesondere von Grosswild ernährt haben. Auf ihrem Speiseplan standen auch Hasen und Vögel.
Das Wichtigste in Kürze
- Neandertaler haben sich vielfältiger ernährt als lange angenommen.
- Dies belegen neue Knochenfunde aus der Höhle «Hohle Fels» auf der Schwäbischen Alb (D).
- Neben grösseren Tieren jagten die Neandertaler auch Hasen und Vögel.
Neandertaler sind schon vielfach unterschätzt worden. Dass sie wegen ihres mangelnden Intellekts und eingeschränkter Jagd-Fähigkeiten nicht überlebt haben, widerlegen nun neue Knochenfunde.
Zu ihrem Speiseplan zählten Forschern zufolge auch kleine Tiere wie Schneehühner und Hasen. Dies untermauern neue Knochenfunde aus der Höhle «Hohle Fels» auf der Schwäbischen Alb.
Diese wurden am Dienstag im Urgeschichtlichen Museum (Urmu) Blaubeuren vorgestellt. Das seien die besten Belege für solche Jagdweisen für das mittlere Europa. Das teilten das Museum und die Universität Tübingen am Dienstag mit.
Bislang ging man davon aus, dass Neandertaler vor allem Grosswild wie Rentiere, Wildpferde oder Wollnasshörner jagten. Das erklärte der wissenschaftliche Direktor des Museums im Alb-Donau-Kreis, Nicholas Conard. Die aufwendigere Jagd von kleinen und flinkeren Tiere wie Vögeln und Hasen traute man ihnen dagegen lange nicht zu.
Die nun vorgestellten Ausgrabungen sind den Angaben nach rund 65'000 Jahre alt. Sie zeigen Schlachtspuren auf Vogelknochen, die von Neandertalern stammen müssen. «Die meisten Spuren sprechen dafür, dass Gelenke auseinandergebrochen und Fleisch vom Knochen gelöst wurde». Das sagte der Archäologe von der Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen.
Neandertaler nicht an Mangelernährung ausgestorben
Durch die Funde sei die These des Aussterbens der Neandertaler aufgrund ihrer Ernährung zumindest schwächer geworden, befand Conard. Die genauen Gründe für ihr Aussterben sind bis heute nicht gänzlich geklärt. Eine These besagt, dass die Vorfahren des modernen Menschen aufgrund ihrer mangelnden geistigen Fähigkeiten und ihres eingeschränkten Ernährungsplans ausgestorben seien. Diese Annahme müsse nun revidiert werden, sagte die Direktorin des Urmu, Stefanie Kölbl.
Den Forschern war es mithilfe neuer Grabungsmethoden erstmals gelungen, winzig kleine Vogelknochen in der Höhle bei Schelklingen freizulegen. Die Höhle «Hohle Fels» gehört zum Unesco-Biosphärengebiet Schwäbische Alb. Zu den bedeutendsten Funden aus der Höhle zählt die «Venus vom Hohle Fels». Das ist eine der ältesten Darstellungen eines menschlichen Körpers.
Die Knochen aus der Zeit der Vorfahren des modernen Menschen sind als «Fund des Jahres» noch bis zum 12. September im Urmu in Blaubeuren zu sehen.