Nachhaltigkeit: Windenergie und Solarzellen für grünen Strommix
Sonnen- und Windenergie werden bezüglich Nachhaltigkeit bei der Stromproduktion immer wichtiger. Clever installiert könnte so der Atomstrom ersetzt werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Sonnen- und Windenergie könnten die Stromproduktionslücke von Atomkraftwerken füllen.
- Wie eine Studie zeigt, müssten sie jedoch an cleveren Orten installiert werden.
Wird den Atomkraftwerken der Stecker gezogen, entsteht in der Schweiz, insbesondere in den kalten Monaten, eine Produktionslücke. Diese liesse sich – der Nachhaltigkeit wegen – mit Sonnen- und Windenergie füllen. Jedoch müssen die Anlagen an cleveren Orten installiert werden, so eine in den «Environmental Research Letters» erschienene Studie.
Demnach würden 75 Prozent Windenergie und 25 Prozent Solarenergie die derzeitige Versorgung aus Wasserkraft ergänzen. Das teilte die ETH Lausanne (EPFL) und das WSL Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) am Freitag mit. So sehe zumindest das «optimale Szenario» aus.
Für die Studie entwickelten die Forschenden eine Methode. Diese wird benötigt, um Szenarien durchzuspielen, wie sich der Strommix mit erneuerbaren Energien CO2-neutral gestalten lässt. Zudem müsste dieser auch möglichst unabhängig vom Ausland sein.
Windenergie aus den Bergen für mehr Nachhaltigkeit
Ihr optimales Szenario entspricht demnach einem hohen Anteil an Windkraft in bergigen Gebieten, wo der Wind kräftig bläst. Insbesondere im Jura schlummert gemäss dem Modell noch viel Potential: 40 Prozent der empfohlenen Installationen entfallen auf diese Region. Dahinter reihen sich die Alpen und Voralpen ein.
Sonnenenergie weist gemäss der Studie vor allem in den Alpen gute und auch wirtschaftlich lohnende Chancen auf. Denn im Winter herrsche dort eine starke Sonneneinstrahlung. Das sagte Michael Lehning, der am Labor für Kryosphärenforschung (CRYOS) des SLF und der EPFL tätig ist.
«Und das bestehende Stromnetz, in das vor allem Wasserkraft eingespeist wird, könnte genutzt werden, um diese Energie ins Flachland zu transportieren.» Damit liesse sich die Abhängigkeit von Energie aus den Nachbarländern im Winter stark reduzieren. Lehning spricht dabei um bis zu 80 Prozent.
Die massenhafte Installation von Solarmodulen auf den Dächern von Städten ist laut den Berechnungen hingegen nicht sinnvoll. Grund sei vor allem, dass die Sonne im Winter zu selten scheint.
Gletscher, Nationalpark und Nordhänge vermeiden
Mit einem cleveren Zusammenspiel von Sonnen- und Windenergie sowie Wasserkraft würden gemäss den Forschenden keine zusätzlichen saisonalen Speicher benötigt. Zudem werde die Schweiz unabhängiger vom Ausland. Insbesondere in Zeiten, in denen viele Nachbarländer ebenfalls mit Überproduktion und Defiziten zu kämpfen hätten.
Für die Simulationen griff das Team auf Geländemodelle zurück, um den Mindestabstand zwischen neuen Windkraftanlagen und Wohnhäusern einzuhalten. Zudem sollen beispielsweise Gletscher, der Nationalpark und – für den Fall von Solaranlagen – Nordhänge vermieden werden. Ausserdem flossen Wetterdaten, die aktuelle Wasserkraftinfrastruktur und das von Swissgrid projizierte Stromnetz für das Jahr 2025 in die Berechnungen ein.
Das Szenario wirke provokant, sagte der Erstautor und EPFL-Doktorand Jérôme Dujardin. «Wir wollten jedoch unseren Ansatz konsequent zu Ende denken, um den effizientesten Weg aufzuzeigen, auch wenn er radikal erscheint, wohl wissend, dass die Politik einen Mittelweg wählen wird, der zwischen diesem Szenario und der jetzigen Situation liegt.»