Weniger Mädchen als Jungen halten sich für talentiert

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Frankreich,

Vor allem in wirtschaftlich entwickelten Ländern glauben Mädchen weniger stark an ihr Talent als Jungen. Zu diesem Fazit kamen Forschende der Pisa-Studie.

Schule Steffisburg
Ein Mädchen in einer Schule (Symbolbild) - pixabay

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Pisa-Studie untersuchte den Geschlechterunterschied im Hinblick auf Talentglauben.
  • In beinahe allen Ländern haben Mädchen weniger Vertrauen in ihr Talent als Jungen.
  • Einzig in Saudi-Arabien glauben Mädchen stärker als die Jungen an ihr Talent.

Mädchen haben zumeist weniger Vertrauen in ihr Talent als Jungen. Der Unterschied ist vor allem in wirtschaftlich hoch entwickelten Staaten ausgeprägt. In einem Land ist es genau umgekehrt.

Dies ergab eine spezielle Auswertung der internationalen Pisa-Studie von 2018. Mehr als 500'000 Schülerinnen und Schüler in 72 Ländern waren befragt worden. Die Unterschiede sind umso grösser, je höher der wirtschaftliche Entwicklungsstatus ist und je besser die Leistungen der Schüler sind.

Clotilde Napp von der Universität Paris-Dauphine und Thomas Breda von der Paris School of Economics berichteten darüber. Veröffentlicht wurden ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift «Science Advances».

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) führt üblicherweise im dreijährigen Rhythmus die Pisa-Studien durch. Der internationale Vergleich von Schülern umfasst die 38 OECD-Staaten sowie 34 weitere Länder. Erfasst werden die Fähigkeiten in Mathematik, in Naturwissenschaften und beim Lesen.

Selbstvertrauen von Mädchen wird beeinträchtigt

Zusätzlich wurden durch die Zustimmung zu bestimmten Aussagen auch Einstellungen der Schüler erfasst. 2018 lautete eine dieser Aussagen: «Wenn ich versage, habe ich Angst, dass ich vielleicht nicht genug Talent habe.» Auf alle Befragten bezogen, stimmten 47 Prozent der Jungen und 61 Prozent der Mädchen dieser Aussage zu.

«Der Glaube, dass sie weniger talentiert sind als Jungen, kann das Selbstvertrauen von Mädchen beeinträchtigen. Es kann dazu führen, dass sie sich selbst schützen und daher herausfordernde Situationen und Chancen vermeiden», schreiben Napp und Breda. Sie führen das Ergebnis auf einen geschlechterspezifischen Talent-Stereotyp zurück.

Nur in Saudi-Arabien glauben Mädchen stärker an ihr Talent

Demnach gelten Jungen in vielen Bereichen, vor allem in Mathematik, als talentierter im Vergleich zu Mädchen. Frühere Studien ergaben, dass Eltern ihren männlichen Nachwuchs für talentierter halten. Zudem stellten die meisten Mädchen und Jungen einen erwachsenen Mann dar, wenn sie eine intelligente Person zeichnen sollen.

Saudi-Arabien ist das einzige Land in der Pisa-Studie, in dem Mädchen stärker an die eigenen Talente glauben als Jungen. Bei allen anderen war es umgekehrt. In den hoch entwickelten OECD-Staaten ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern ausgeprägter als in den übrigen Staaten. Und das, obwohl auch die Gleichstellung von Frauen und Männern dort stärker verwirklicht ist.

Stärkerer Individualismus als Ursache

Dieses paradoxe Ergebnis führen die Studienautoren darauf zurück, dass in den wohlhabenderen Gesellschaften der Individualismus stärker verankert sei. Selbstverwirklichung und Selbstdarstellung hätten eine grössere Bedeutung.

Napp und Breda fanden einen engen statistischen Zusammenhang mit der Bereitschaft zum Wettbewerb, gemessen anhand der Aussage: «Ich arbeite gerne in Situationen, in denen es um den Wettbewerb mit anderen geht.» Hier war der Geschlechterunterschied annähernd so stark ausgeprägt wie beim Glauben an das eigene Talent. Ähnliches gilt für das Selbstvertrauen und die Erwartung, später einmal in einem Beruf in der Informations- und Kommunikationstechnik zu arbeiten: In all diesen Kategorien kamen die Mädchen auf niedrigere Werte als die Jungen.

Der Geschlechterunterschied im Hinblick auf Talentglauben, Wettbewerbsfähigkeit und Selbstbewusstsein waren umso grösser, je leistungsstärker die Schüler waren. Darüber waren die Forscher überrascht. Obwohl leistungsstarke Mädchen allen Grund hätten, an ihr Talent zu glauben, hielten sich mehr Schüler als Schülerinnen für talentiert.

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