Kronprinz Mohammed bin Salman und die Enthüllungen im Fall Khashoggi
Heute will der türkische Präsident Erdogan die Wahrheit im Fall Khashoggi ans Licht bringen. Für den saudischen Kronprinzen könnte es eng werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Recep Tayyip Erdogan will die ganze Wahrheit im Fall Khashoggi ans Licht bringen.
- Für Saudi-Arabien ist die ganze Angelegenheit ein PR-Desaster.
- Innerhalb der Familie Saud könnte es einen Machtkampf um die Führung des Landes geben.
Heute Dienstagmorgen will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor die Medien treten. Es geht für ihn um nichts geringeres, als die «ganze Wahrheit» im Todesfall des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi ans Tageslicht zu befördern. Ob ihm dies gelingen wird, muss sich zeigen. Klar ist: Bisher waren die Darstellungen türkischer Seite weitaus plausibler, als die der Saudis.
Klar ist aber auch, dass es Erdogan darum geht, den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (MBS) und den Einfluss des Königreichs im Nahen Osten zu schwächen. Der Fall Khashoggi bietet für ihn die perfekte Gelegenheit dazu. Saudi-Arabien und die Türkei kämpfen in der Region um Einfluss – und stehen dabei auf gegenüberliegender Seite. Die Saudis wollen etwa den Einfluss der Muslimbrüder beschneiden. Sie sind für die al-Sauds eine Gefahr, denn sie stellen die Legitimität der Familie an der Spitze der Monarchie in Frage. Erdogan selbst ist ein Förderer derselben.
Neuste Enthüllungen der türkischen Medien
Nun soll der türkische Geheimdienst laut der regierungsnahen türkischen Zeitung «Yeni Safak» eine weitere brisante Erkenntnis im Fall haben, welche MBS weiter in die Bredouille bringt. Demnach soll dessen Ex-Leibwächter von Ankara aus vier Mal mit dem Büro des Kronprinzen telefoniert haben – mindestens einer dieser Anrufe soll nach dem mutmasslichen Mord stattgefunden haben.
Zudem wurden 30 saudische Konsularmitarbeiter von türkischen Ermittlern befragt. Zuvor war die Rede von Videos, welche zeigten, wie saudische Beamte nach dem Mord Dokumente verbrannten. Und auch die Tatsache, dass ein in einer Tiefgarage gefundenes Auto des Konsulats, das der diplomatischen Immunität unterliegt, von den türkischen Ermittlern bisher nicht untersucht werden durfte, erweckt nicht gerade den Eindruck, als sei Saudi-Arabien gewillt, die Wahrheit hinter dem Fall aufzudecken.
PR-Desaster
Für Saudi-Arabien, und besonders für den 33-jährigen Kronprinzen Mohammed bin Salman, ist die ganze Angelegenheit ein riesen PR-Desaster. Die Vertuschungen um den angeblichen Mord und das späte Todes-Eingeständnis der Saudis, sowie die neusten Entwicklungen – dies alles fällt auf den eigentlichen Strippenzieher in Saudi-Arabien zurück.
MBS, der einerseits für den frisch eingeschlagenen Reformkurs des Landes steht, ist auf der anderen Seite bekannt für seinen autoritären Führungsstil und sein skrupelloses Vorgehen gegen Kritiker und Dissidenten. Seit seinem überraschenden Aufstieg zum Thronfolger hat er viel Macht an sich gezogen und politische Gegner ausgeschaltet.
Fall wird am Kronprinzen haften bleiben
Ob nun MBS in den Mord verwickelt ist, oder ob er ihn gar angeordnet hat, dies wird wohl nie abschliessend geklärt werden können. Klar ist aber, der Fall Khashoggi wird am Kronprinzen haften bleiben. Der Königsthron scheint ihm nicht mehr so sicher, wie noch vor dem 2. Oktober, bevor der kritische Journalist Khashoggi auf dem saudischen Konsulat in Istanbul auf dubiose Weise verschwunden ist. Für dies spricht jedenfalls, dass König Salman bin Abdulaziz die Geschäfte wieder vermehrt in die eigene Hand zu nehmen scheint.
Vor allem für Kritiker des von dem Jungspund eingeschlagenen Reformkurses, ist der ganze Fall ein gefundenes Fressen. Und: Der ganze Fall wird auch innerhalb der Königsfamilie Saud die Karten neu mischen, denn hier geht es darum, welcher Familienteil der riesigen Sippe künftig die Geschicke des Landes lenken wird. Klar ist: nach dem Tod von König Salman wird es kein Sohn des Staatengründers Abdul Aziz ibn Saud mehr sein.