10 Jahre Evakuation beschert Mitholz-Bewohner schlaflose Nächte

Frühestens 2031 muss die Bevölkerung von Mitholz BE für 10 Jahre ihr Dorf verlassen. Ein «harter Brocken», mit dem die Bewohner erst mal fertig werden müssen.

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Ein emotionaler Abend in Mitholz BE. Die Bewohner müssen für 10 Jahre das Dorf verlassen. - Nau

Das Wichtigste in Kürze

  • Das VBS informierte die Bevölkerung von Mitholz, dass sie während zehn Jahren weg muss.
  • Grund ist die aufwändige Räumung des ehemaligen Munitionslagers im Dorf.
  • Der Infoanlass am Dienstagabend vor rund 300 Personen war emotional.

Das Gallierdorf, umgeben von den Römern, die es einnehmen wollen. «Ja, das ist so», sagt Karl Steiner (62), Einwohner von Mitholz, angesprochen darauf, ob er die Situation seines Dorfes mit jener in den Geschichten von Asterix und Obelix vergleichen würde.

Steiner hat soeben erfahren, dass er und die weiteren rund 170 Einwohner von Mitholz während eines ganzen Jahrzehnts ihre Heimat verlassen müssen. «Ein harter Brocken» sei es und für die Zukunft «eine komische Sache».

Emotionaler Infoanlass des VBS

Grund für die ein Jahrzehnt andauernde Evakuation ist das ehemalige Munitionslager im Dorf. Dieses war 1947 bei einer Explosion teilweise verschüttet worden. Neun Personen starben.

Mitholz Explosion 1947
Mitholz nach der Explosion 1947. - zvg

Bis 2018 war das VBS davon ausgegangen, dass vom Stollen keine grosse Gefahr ausgeht. Eine neue Untersuchung bewies das Gegenteil. Und so kam das Verteidigungsdepartement zum Schluss, dass es die beste Lösung sei, vollständig zu räumen. 3500 Tonnen Munition befinden sich noch im Berg.

Mitholz Munitionslager
Die Spuren der Explosion von 1947 sind auch gut 72 Jahre später noch gut zu erkennen. - Keystone

Der Infoanlass in der proppenvollen Turnhalle von Kandergrund – Mitholz gehört zu dieser Gemeinde – war emotional. Rund zwei Dutzend Votanten erhoben das Wort und äusserten mehrheitlich Ängste und Vorbehalte gegenüber den VBS-Plänen.

Startschuss zur Mitwirkung

Nicht nur den Empfängern, sondern auch den Absendern der Hiobsbotschaft lag der Infoanlass schwer im Magen. «Offen gestanden: Es war brutal schwierig. Seit Weihnachten konnte ich keine Nacht mehr ruhig schlafen», sagte etwa Hanspeter Aellig, Projektleiter Variantenevaluation des VBS.

VBS-Chefin und Bundesrätin Viola Amherd war es wichtig, selber hinzustehen. «Genauso wichtig war aber auch, nichts zu beschönigen.»

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Bundesrätin Viola Amherd spricht über die Evakuierung der Mitholzer Bevölkerung. - Nau

Die Infoveranstaltung beinhaltete den Startschuss zur sogenannten Mitwirkung. Die Bevölkerung von Mitholz hat nun bis am 31. März Zeit um Bedürfnisse, Fragen und Anliegen beim VBS zu deponieren. Bei Karl Steiner sehen diese so aus: «Wo gehe ich mit meinen Bienen hin?»

«Wenn es knallt, bin ich halt weg»

Der 62-jährige Steiner ist Briefträger in Mitholz. Es sei ihm schon zu Ohren gekommen, dass gewisse Leute Mitholz keinesfalls verlassen wollen. «Die sagen: Wenn es knallt, bin ich halt weg.»

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Karl Steiner ist Einwohner von Mitholz und erklärt im Interview, wie er über die langjährige Evakuierung seines Dorfes denkt. - Nau

Er selber vertrete diese Haltung nicht. Die Klarheit, dass er seine Heimat während zehn Jahren verlassen müsse, werde ihm aber weiterhin schlaflose Nächte bereiten. «Ich konnte schon die letzten Nächte nicht mehr einschlafen, wenn ich erwacht bin.»

Bis der Wegzug aber Tatsache wird, wird es dauern. Denn frühestens 2031 beginnt die Räumung der Munition. Bis dahin wird das VBS Vorausplanungen und weitere technische Untersuchungen vornehmen. Zudem müssen Schutzmassnahmen realisiert werden. Die Strassen- und Schienenverbindung soll auch während der Phase ab 2031 bestehen bleiben.

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Der Schwiegervater des in Frutigen wohnhaften GLP-Nationalrats Jürg Grossen wohnt in Mitholz. - Nau

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