145'000 Leser-Kommentare für hundert Halleluja-Kolumnen!
Halleluja-Kolumnist Sam Urech schreibt seine 100. Kolumne. Wie hat alles begonnen? Ein Gespräch mit Urech und Chefredaktor Micha Zbinden.
Das Wichtigste in Kürze
- Sam Urech ist Halleluja-Kolumnist auf Nau.ch.
- Der Mann aus Wetzikon ZH feiert am Freitag Jubiläum.
- Unter seine hundert Kolumnen wurden 145'000 Leserkommentare abgegeben.
- Kolumnist Sam Urech und Nau.ch-Chefredaktor Micha Zbinden im Gespräch.
Nau.ch: Sam Urech, Gratulation zur 100. Halleluja-Kolumne auf Nau.ch.
Sam Urech: Danke. Verrückt! Ich hätte nie gedacht, dass ich so viele Kolumnen schreiben darf. (Lacht) Ich freue mich sehr darüber und bin auch dankbar dafür.
Nau.ch: Wie kam es überhaupt zu dieser Halleluja-Kolumne auf Nau.ch?
Micha Zbinden: Sam Urech hat ein Bild von Roberto Firmino auf Facebook gestellt. Der Liverpool-Spieler liess sich im Swimming-Pool von Goalie Alisson Becker taufen. Für mich war klar: Nur Sam kann mir dazu die Hintergründe richtig erklären. Das hat er getan.
Urech: Ich gab gerne ein paar Infos zu dieser wunderbaren Taufe. Das war der Beginn der Zusammenarbeit. Micha fragte mich, ob ich nicht öfters mal etwas über meinen Glauben schreiben wolle, so entstand die Halleluja-Kolumne.
Nau.ch: Wie habt Ihr Euch überhaupt kennengelernt?
Zbinden: Ich war früher stellvertretender Chefredaktor beim Blick-Sport und Sam für eine gewisse Zeit mein Stellvertreter. Ich wusste, dass Sams Vater Pfarrer ist und war mir ziemlich sicher, dass auch Sam ein gewisses Mitteilungsbedürfnis hat. Der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamme. Eine solche Kolumne ist deshalb genau sein Ding. Und eine Story aus der gemeinsamen Blick-Zeit habe ich nie vergessen. Das war Halleluja-Like.
Nau.ch: Wir sind gespannt, bitte loslegen!
Zbinden: Als beim Blick eine Entlassungswelle drohte, hat Sam aus eigenem Antrieb dem damaligen Chefredaktor Wolfgang Büchner seinen Job angeboten. Und dies, obwohl keiner auf die Idee gekommen wäre, ihn zu entlassen. Büchner, er wurde in Deutschland übrigens soeben als Vize-Regierungssprecher vorgeschlagen, war mit der Situation heillos überfordert und hat Sam gesagt, er solle bitte einfach wieder normal arbeiten gehen. Das hat Sam aber nicht gemacht, er ist freiwillig gegangen, obwohl er keinen anderen Job hatte. Nur damit andere ihre Stelle behalten konnten. Chapeau!
Nau.ch: Sam, Du sorgst in deinen Kolumnen für riesige Emotionen. Wie schaffst du es, immer wieder den Nerv der Leserschaft zu treffen?
Urech: Wer über Jesus spricht, trifft immer einen Nerv. Logisch, da Jesus mit jeder und jedem eine Freundschaft haben möchte und alles dafür gibt ...
Zbinden: ... solche Dinge kannst Du in Deiner Kolumne erzählen, nicht hier! Wobei du privat nicht missionarisch unterwegs bist. (Lacht)
Urech: Für viele ist Gott ein Reizthema. Fast jeder in der Schweiz hat einen Bezug zum Christentum. Wenn ich dann mit meinen Kolumnen reingrätsche, kann das polarisieren und natürlich auch Bestürzung und Wut auslösen.
Zbinden: Ich habe nachzählen lassen. Es wurden unter Deinen hundert Kolumnen 145'000 Kommentare abgegeben. Das ist ein krasser Wert.
Nau.ch: Ein Viertel der Kommentare musste intern blockiert werden. Welche Themen sorgten für die grösste Emotionen?
Urech: Wenn ich gegen Judenhass schreibe, gibt es die meisten Drohungen. Leider ist Antisemitismus allgegenwärtig. Auch übel ist es beim Thema Abtreibung. Und: Homosexualität. Aber da gibt es keine Morddrohungen, sondern viele Bibelverse, die aufzeigen sollen, dass ich wegen meiner liberalen Einstellung zu diesem Thema in der Hölle schmoren werde.
Zbinden: Du wirst wegen den Kolumnen sogar privat krass angefeindet. Das tut mir leid und ist unter der Gürtellinie.
Urech: Ja, manchmal. Aber es gibt natürlich auch Ermutigung von Menschen, die sich freuen über das, was ich hier mache. Und es gibt auch konstruktive Kritik, die mich weiterbringt. Immer wieder wird mir vorgeworfen, ich würde bestimmt meine Kinder indoktrinieren, also zu meinem Glauben manipulieren und sie in die Freikirche zwingen. Jedes Mal, wenn ich so etwas lese, hinterfrage ich mich und das ist gut so. Ich will niemals Druck auf meine Kinder ausüben.
Nau.ch: Du nimmst Dir diese Kritik zu Herzen?
Urech: Natürlich. Die Leserinnen und Leser zwingen mich zur Selbstreflektion. Super.
Nau.ch: Holst Du dir auch ein internes Feedback?
Urech: Ich geniesse bei Nau.ch Narrenfreiheit. Es gibt aber Menschen in meinem persönlichen Umfeld, denen ich meine Kolumne vorab schicke. Ganz sicher liest meine Frau jeden Text, bevor er online geht. Es gibt immer Dinge, die man falsch verstehen kann. So kann ich Unverständliches im Vornherein entschärfen. Das macht Sinn.
Nau.ch: Welches war aus Deiner Sicht die bisher beste Kolumne?
Urech: Die erste Kolumne «Christen sind Heuchler» war mein persönliches Highlight. Es war so unglaublich, was da an diesem Abend abgegangen ist. Und alles so neu. Ich hätte nie mit soviel Feedback gerechnet.
Zbinden: Die Kolumne «Bitte beten Sie für Alain Berset» im Januar 2021 wurde sogar 250'000 Mal angeklickt.
Urech: Hoffentlich haben viele davon für ihn gebetet. Beten statt schimpfen, ist immer effektiver.
Nau.ch: Letzte Frage: Wie feiert der Halleluja-Kolumnist Weihnachten?
Urech: Am Heiligabend feiere ich mit meiner Frau und unseren zwei Kindern in unserer Stube. Wir freuen uns sehr darauf, vor allem unser älterer Sohn, wegen den Geschenken.
Nau.ch: Und was kriegt Sam Urech als Geschenk?
Zbinden: Ein solches Jubiläum muss natürlich gefeiert werden. Eine gute Flasche Wein ist schon unterwegs. Danke, Sam!