Alt-Bundesräte weibeln bei Toten gegen 13. AHV-Rente
Alt-Bundesräte werben in einem Brief gegen die 13. AHV-Rente – auch bei Toten. Die SVP spricht von kaum zu vermeidenden Unschärfen im Datensatz.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit einem Brief werben Alt-Bundesräte gegen die 13. AHV-Rente.
- Das Schreiben wurde auch an längst verstorbene Personen verschickt.
- Es sei eine «Sauerei», «peinlich und pietätlos», finden Angehörige.
Laut Umfragen dürfte die Initiative für eine 13. AHV-Rente Anfang März angenommen werden. Die Gegner der Vorlage kämpfen im Endspurt nun dagegen an – auch mit der alt-bundesrätlicher Hilfe. Doch damit handeln sie sich Kritik ein.
Die Allianz «Nein zur 13. AHV-Rente» unter Leitung der SVP verschickte einen von Adolf Ogi, Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann unterschriebenen Brief. Darin warnen die drei Alt-Bundesräte vor den Folgen eines Ja. Weil die ehemaligen Magistraten aber eine Jahresrente von über 200'000 Franken erhalten, wird ihnen teils Realitätsfremde vorgeworfen.
Der zweite Kritikpunkt betrifft die Adressaten des Schreibens: So wurde der Brief laut «Tamedia» an mehrere seit langem verstorbene Personen verschickt. Dagmar Ombar äussert gegenüber der Zeitung ihren Unmut darüber: Es sei eine «Sauerei», dass ihr vor fünf Jahren verstorbene Ehemann den Brief erhalten habe. Sein Name werde für Werbung «missbraucht».
Es tue weh, Nachrichten zu erhalten für jemanden, der nicht mehr da sei. Die Post habe sie erschüttert, «ich bin aufgewühlt und butzwütend».
Gabriela Eichta kümmerte sich lange um ihre Nachbarin, die vor einem Jahr verstarb, und deren administrativen Belangen. Deshalb erhält sie die Post, wenn die Verstorbene etwas bekommt, so auch das Schreiben der Alt-Bundesräte zur 13. AHV-Rente. Und das habe sie «extrem gestört».
Auch der verstorbene Lebenspartner der Mutter von Stefan Hunger erhielt den Brief. Sie sei aufgelöst gewesen. Hunger bezeichnet es als «peinlich und pietätlos». Es gebe auch in der Politik gewisse Grenzen, die nicht überschritten werden sollten, findet der einstige Lokalpolitiker.
Gegenüber «Tamedia» äussert SVP-Sprecherin Andrea Sommer im Namen der Allianz ihr Bedauern. In «Ausnahmefällen» sei das Schreiben an verstorbene Personen adressiert gewesen. Solche Unschärfen im Datensatz liessen sich bei einem Umfang von Hunderttausenden Adressen kaum vermeiden. Die Fehlerquote bewege sich im Promillebereich.
Rentnerin: Jetzt gibts ein doppeltes Ja zur 13. AHV-Rente
Wie «20 Minuten» berichtet, hat die Allianz die Anschriften bei einem Adressbroker gekauft. Rund 75'000 Franken sollen dafür bezahlt worden sein.
Gross von Erfolg gekrönt dürfte die Brief-Aktion aber kaum sein. Dagmar Ombar sagt, sie sei eindeutig für die Initiative. Und Gabriela Eichta findet, das Schreiben habe sie nur bestärkt: «Jetzt gibt es von mir ein doppeltes Ja.»
Die Befürworter der 13. AHV-Rente haben ebenfalls eine Alt-Bundesrätin auf ihrer Seite: Ruth Dreifuss warb in den «Tamedia»-Zeitungen für ein Ja. Zudem schickte sie eine Mail an Tausende Stimmende.
Dieses wurde über den Schweizerischen Gewerkschaftsbund verschickt. Wie SGB-Sprecher Urban Hodel erklärt, hätten nur Personen die Mail erhalten, die ihr Einverständnis gegeben hätten.