Baby in Därstetten BE: Haft wegen versuchter Kindstötung gefordert
Im Januar 2020 setzte eine Mutter ihr Baby auf einem Entsorgungshof in Därstetten BE aus. Die Staatsanwältin des Kindes fordert nun eine teilbedingte Haft.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Januar 2020 setzte eine Frau ihr Baby auf einem Entsorgungshof in Därstetten BE aus.
- Die Kindsmutter zeige wenig echte Reue und habe egoistisch gehandelt.
- Die Staatsanwältin fordert deshalb eine teilbedingte Freiheitsstrafe.
Die Staatsanwältin hat am Dienstag eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 32 Monaten für eine Frau gefordert. Sie hatte im Januar 2020 ihr Neugeborenes in einem Entsorgungshof in Därstetten BE ausgesetzt.
Die Kindsmutter zeige wenig echte Reue und habe – trotz tränenreicher Beteuerungen – krass egoistisch gehandelt. Die Frau hätte sich bei einer ungewollten Schwangerschaft helfen lassen können. Das ungewollte Kind hätte sie in eine Babyklappe legen oder zumindest an einem wärmeren, besser frequentierten Ort ablegen können.
Freundin machte normalen Eindruck
Die Frau habe eine Affäre gehabt und sei von einem anderen Mann als ihrem Partner, schwanger geworden. Das Kind habe sie vor den beiden Männern verheimlicht. Unmittelbar nach der Geburt sei sie mit ihrem Partner losgegangen, unter anderem um Drogen zu kaufen. Der Partner habe später zu Protokoll gegeben, seine Freundin habe einen normalen Eindruck gemacht an jenem Abend.
Dass die Mutter davon ausging, dass das Baby im Entsorgungshof rasch gefunden werde, hielt die Staatsanwaltschaft für eine Schutzbehauptung.
Dass das Kind heute lebe, sei reiner Zufall. Das Neugeborene habe einen traumatischen Start ins Leben erfahren und sei kurz vor dem Tod gestanden. Im Spital habe die Kleine um ihr Leben gekämpft. So sehr, dass man ihr dort den Namen Leonie, also die Löwin, gegeben habe.
«Das grosse Verdrängen»
Die Fürsorgebehörden hätten alles gemacht, damit die Mutter mit der Kleinen einen Kontakt aufbauen konnte. Doch die Mutter brach ihn ab und wanderte stattdessen mit ihrem Partner ins Ausland aus.
«Das grosse Verdrängen» nannte die Anwältin des Kindes das Verhalten der Frau. Selbst vor Gericht habe die Angeklagte noch versucht, alle glauben zu machen, sie habe von der Schwangerschaft nichts gemerkt.
Die Staatsanwältin forderte letztlich eine Freiheitsstrafe von 32 Monaten, 16 Monate davon unbedingt. Für die bedingte Strafe von 16 Monaten gilt eine Probezeit von vier Jahren. Ausserdem soll das Gericht einen Landesverweis von 5 Jahren gegen die deutsche Staatsangehörige aussprechen. Schliesslich sollte die Frau auch wegen Drogendelikten mit einer Geldstrafe und einer Busse bestraft werden.
Die Anwältin des Kindes betonte, die Angeklagte sei zum Zeitpunkt der Geburt nicht unter Drogeneinfluss gestanden. Es könne also keine Rede von Schuldunfähigkeit sein. Vielmehr habe die Frau zielgerichtet gehandelt.
Sie habe aus der Autoapotheke eine Schere geholt, die Nabelschnur durchtrennt und das Kind in Decken gewickelt. Dafür brauche es einen gewissen «Fokus».
Sie verlangte für das Kind eine Genugtuung von 15'000 Franken und Schadenersatz. Das Kind lebt heute in einer Pflegefamilie.