Balthus: «Die Weltwoche hat Konsens nicht verstanden»
Gestern Donnerstag traf die Prostituierte Salomé Balthus auf die «Weltwoche». Im Schlichtungsgespräch kam es zu keinem Ergebnis. Balthus reicht Klage ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Edelprostituierte Salomé Balthus klagt nun die Weltwoche an.
- In einem Schlichtungsversuch kam man auf keinen gemeinsamen Nenner.
- Die Escort-Dame wirft Roger Köppels Magazin Persönlichkeitsverletzung vor.
Am 5. Dezember 2019 erschien, wie jede Woche, eine Ausgabe der «Weltwoche». Darin zu finden war ein Interview mit der Berliner Edelprostituierten Salomé Balthus (34), geführt von Roman Zeller. Zu der Veröffentlichung des Textes soll Balthus nach eigenen Angaben aber nie zugestimmt haben.
Die Escort-Dame reichte beim Friedensrichter in Zürich ein Schlichtungsbegehren ein. Darin forderte sie, dass die «Weltwoche» das Interview löscht und eine Entschuldigung «angemessen prominent» publiziert. Weiter wollte Balthus finanziell entschädigt werden.
Gestern, am 20. Februar 2020 war es soweit – die Klägerin traf vor dem Zürcher Friedensrichter auf die Angeklagte. Im Schlichtungsgespräch zwischen den beiden Parteien kam es zu keinem Ergebnis. Die «linke Hure», wie sich Balthus selbst nennt, hat nun drei Monate Zeit, Klage beim Bezirksgericht Zürich einzureichen.
Nau.ch: Wieso wirst Du nun Klage einreichen?
Salomé Balthus: Ich möchte mich ja wirklich nicht ins Scheinwerferlicht stellen. Ich nutze die Reichweite die ich habe, mich für die Rechte anderer einzusetzen. Vor allem auch für andere Frauen.
Und was die Weltwoche mit mir gemacht hat, machen sie vielleicht auch mit anderen Leuten. Da hätte ich mich einfach schlecht gefühlt, wenn ich nicht geklagt hätte. Das wurde mir auch von vielen Leuten aus der Community nahegelegt.
Klar, es würde mir mehr Spass machen, mit anderen Dingen in der Öffentlichkeit zu stehen. Es macht mir keinen Spass, mit der Weltwoche in Verbindung gebracht zu werden. Ich könnte mir meine Aufmerksamkeit auch woanders herholen. Es gibt so viel wichtigere Dinge als Roman Zeller und wie toll er mich beim Abendessen fand.
Wie geht es Dir jetzt damit, dass Du die Sache ans Bezirksgericht ziehen musst?
Ja, wie geht es mir denn damit? Ich war ja durch meinen Anwalt etwas vorbereitet und habe dadurch auch erwartet, dass ich Klage einreichen muss. Ich bin nicht glücklich darüber, dass es jetzt noch weitergeht.
Es ist eine grosse Belastung und es macht mir auch ein wenig Angst. Ich weiss auch wirklich nicht, was dabei dann herauskommt.
Denkst Du, Du wirst gewinnen?
Ich gehe davon aus, dass ich gewinnen kann. Nicht, dass ich gewinnen werde, wie die Weltwoche das offenbar von sich meint. Ich denke, ich habe eine gute Chance, zu gewinnen und die muss ich nutzen.
Das versuche ich solange, wie es mir finanziell und kräftemässig möglich ist. Und wenn ich dann nicht mehr kann, dann kann ich nicht mehr. Ich will mich zumindest nicht einfach so einschüchtern lassen.
Im Artikel wurden sehr intime Momente beschrieben – wie hast Du Dich beim Lesen des Beitrags gefühlt?
Das habe ich gar nicht lesen wollen, ich wollte es nicht in meinem Kopf haben. Andere Leute haben mir schon gesagt, wie eklig das war. Gelesen habe ich es erst, als ich bei meinem Anwalt war und er die wörtlichen Zitate mit mir durchgehen musste. Der Artikel ist mir ausgesprochen unangenehm.
Ja, ich gebe durch meinen Blog und die sozialen Medien viel von mir Preis. Ich bin auch eine sehr offene Person, überhaupt nicht verschlossen. Nur ist es etwas völlig anderes, wenn man selber entscheidet, was man preisgibt oder wenn das für einen entschieden wird.
Das ist wie der Unterschied zwischen Sex und Vergewaltigung. Nur weil eine Frau Sex mag, heisst das noch lange nicht, dass man sie vergewaltigen darf. Es kommt ja genau darauf an, dass man selber entscheiden kann, wie viel man mit der Welt teilen möchte.
Die Weltwoche meint wohl, nur weil ich mich sehr offen gebe, dürfen sie das ohne meine Zustimmung veröffentlichen. Dann haben sie aber ein ganz entscheidendes Prinzip nicht verstanden. Nämlich das Prinzip der Konsensualität.
Wie läuft denn so ein Dinner-Date, wie Du es mit Roman Zeller hattest, normalerweise ab?
Bei so einem Date ist das Ziel eigentlich, jemanden kennenzulernen und einen schönen Abend mit dem zu verbringen. Eventuell ist die Stimmung sogar so gut, dass man es verlängert und Sex hat. Das ist oft eine Sache, bei der ich viel von mir preisgebe, mich auf jemanden einlasse. Auch um ihn zu entspannen.
Bei Roman Zeller war es aber klar, dass es nicht länger dauern würde als das eigentliche Dinner. Er war von Anfang an ganz eingemauert, total verschlossen. Ich konnte mir schon vorstellen, dass er über das Treffen tratschen wird. Mit Freunden oder bei der Arbeit.
Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass er ein drei-, ein vierseitiges Porträt über mich schreibt. Und mir das dann schon fix und fertig gedruckt zuschickt, mit einer Grusskarte. Da stand: «Du hast mich beeindruckt, weshalb ich unbedingt darüber schreiben wollte – ich hoffe, du bist mir nicht böse.»
Und wie stehst Du nach diesem Vorfall zu Medienarbeit?
Ich arbeite, wie jede Person des öffentlichen Lebens, mit Medien zusammen. Aber diese Medien müssen sich auch an gewisse Regeln halten. Eigentlich bin ich es ja gewohnt, dass die Zeitungen auch ein Interesse daran haben, gute Zusammenarbeit zu leisten. Solchen Redaktionen schicke ich dann auch gerne Dinge zu und da muss man kein Bild von einem Fotografen abmalen.
Inwiefern wirkt sich das Verhalten der Weltwoche für Dich auch auf die Debatte über Sexarbeit aus?
Der Skandal bei der Weltwoche bestand ja nicht darin, dass Roman Zeller Sex mit einer Prostituierten hatte. Sondern, dass er bei einer Person unautorisierte Zitate und ein unerlaubtes Porträt veröffentlicht hatte. Da hätte ich auch Zahnarzthelferin sein können, es wäre nicht in Ordnung gewesen.
Aber, der Fakt, dass ich Sexarbeiterin bin, bewog ihn vielleicht dazu, zu glauben, dass ich so etwas wie Freiwild sei. Die Idee, dass eine Hure praktisch allen Männern gehört, auf diesem Missverständnis beruht die Selbstsicherheit der Redaktion.