Tripadvisor und Google zeigen nicht die besten Beizen zuoberst
Wer auf einem Ausflug eine Beiz sucht, greift nicht selten auf Tripadvisor und Google zurück. Denn die Plattformen ranken Restaurants – nur nicht immer richtig.

Das Wichtigste in Kürze
- Wer in einer fremden Stadt nach einem Restaurant sucht, wendet sich oft an Tripadvisor.
- Doch: Welche Beizen zuoberst gerankt werden, ist «sehr undurchsichtig».
- Gastronom Michel Péclard sagt: «Auf Bewertungen würde ich nichts geben.»
Unterwegs in einer fremden Stadt und plötzlich knurrt der Magen? Um nicht in einer klassischen Touristen-Falle oder einer schlechten Beiz zu landen, konsultieren viele ein Portal wie Tripadvisor oder sie googeln.
Vor allem Tripadvisor will eine Art Online-Gastroführer zu sein.
Das denkt sich auch die Schweizerin Nala L.*, als sie in Rom unterwegs ist. Aber sie stellt fest: Die zuoberst gerankten Restaurants sind nicht zwingend die besten der Stadt.
Sondern die, die am meisten gute Bewertungen haben.
«Allesamt Touristenfallen»
«Die Restaurants, die mir auf den ersten Plätzen angezeigt wurden, waren allesamt Touristenfallen», klagt sie.
Als Grund für die unverständlich hohen Platzierungen vermutet Nala L: Je mehr gute Bewertungen ein Restaurant hat, desto höher steht es in der Rangliste.
«Im Umkehrschluss heisst das, dass nicht die besten Restaurants zuoberst gerankt werden. Sondern die, die am meisten besucht und gut bewertet werden», glaubt die Touristin.
Eine gute Beiz, die gute Bewertungen habe, aber eher als Geheimtipp gelte, werde vom Algorithmus nach hinten gespült.

Auch Gastronom Michel Péclard sagt zu Nau.ch: «Google-Rezensionen oder Tripadvisor-Einträge dürften aufgrund ihrer Programmierung grössere Betriebe häufiger anzeigen.»
Beliebte Touri-Standorte haben Vorteil
Ein anderer Gastro-Insider erklärt, die Algorithmen würden oftmals auf Faktoren wie Anzahl und Durchschnittsbewertungen basieren. «Das ist ein Vorteil für grössere Restaurants an stark touristisch frequentierten Orten.»
Stimmt das wirklich?

Tripadvisor äussert sich auf Anfrage von Nau.ch nicht. Google bestätigt, dass die Beizen auf Google Maps nicht nur nach der objektiven Qualität gerankt werden.
Für das Suchergebnis-Ranking auf Google Maps sind laut Google in erster Linie folgende Faktoren ausschlaggebend: «Relevanz, Entfernung und Bekanntheit beziehungsweise Bedeutung eines Angebots.»
Bekanntere Restaurants werden also tatsächlich stärker berücksichtigt.
Das Problem, das der Gastro-Insider damit hat: Onlinebewertungen beeinflussen Kaufentscheidungen und sind ein wichtiger Wettbewerbsfaktor.
Doch weil sie anonym abgegeben werden können, kann den Betrieben auch absichtlich geschädigt werden.
Gast «zog unseren Betrieb durch den Kakao»
Davon kann auch Star-Gastronom Péclard ein Lied singen: «Wir hatten eben einen übelgelaunten Gast, der auf mehreren Portalen unseren neuen Betrieb Lulu durch den Kakao zog. Natürlich alles unter falschem Namen.»
Zudem habe die Frau falsche Inhalte verbreitet. «Das ist das grosse Übel dieser Portale. Man kann ungehindert und anonym Dampf ablassen. Das verzerrt das Bild am meisten.»
Wenn er es könnte, würde Péclard seine Betriebe darum von Portalen wie Tripadvisor entfernen.
Rankings auf Tripadvisor und Co. «sehr undurchsichtig»
Die NGO Algorithmwatch.ch kritisiert Tripadvisor und Google vor allem für fehlende Transparenz bei den Rankings.
Geschäftsleiterin Angela Müller erklärt bei Nau.ch: «Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Algorithmen von Plattformen wie Tripadvisor und Google-Maps-Restaurant-Empfehlungen sehr undurchsichtig sind.»
Das habe mehrere Gründe: «Einerseits ist nicht klar, wie sie genau das Ranking und die Empfehlungen vornehmen.»
Es scheine naheliegend, dass die Anzahl der Bewertungen dabei auch eine Rolle spielt – nicht einzig die Qualität der Bewertungen.
«Andererseits wissen wir auch nicht viel darüber, wie sie Inhalte moderieren, also wie sie Reviews prüfen, löschen und Missbrauch verhindern.»
Die Plattformen würden es Usern oft zu leicht machen, anderen durch schlechte Reviews zu schaden. Etwa durch sogenannte «Racherezensionen».
Bewertungen und Rankings haben Auswirkungen auf Beizen
«Gleichzeitig sehen wir, dass sich Algorithmen auf die Realität auswirken», sagt Müller. «Sie beeinflussen tatsächlich, welche Restaurants und Cafés wir besuchen.»
Das könne zu Rückkoppelungs-Effekten führen: «Restaurants, die vom Algorithmus bevorzugt empfohlen werden oder gute Reviews erhalten, werden so auch in der Realität mehr Gäste anlocken.»
Das führe wiederum zu mehr Reviews auf den Plattformen – und so auch zu noch mehr Popularität.
Gastronom: «Auf Bewertungen würde ich nichts geben»
Michel Péclard hält darum nicht viel von Bewertungsplattformen für Beizen: «Wenn das Erlebnis vor Ort stimmt, braucht es das weltweite Web gar nicht.»
Er würde «auf Tripadvisor und Co. höchstens die Bilder anschauen. Die sagen mehr als tausend Bewertungen.»
Auch ein Blick auf das Online-Menü und die Preise lohne sich. Aber «auf Bewertungen würde ich nichts geben.»
*Name von der Redaktion geändert