Betrugsprozess um Zuger Amvac endet mit weitgehenden Freisprüchen
Im Berufungsprozess um den mutmasslichen 55-Millionen-Franken-Betrug beim Zuger Pharmaunternehmen Amvac gibt es weitgehende Freisprüche.
Die Staatsanwaltschaft hat nach Ansicht des Obergerichts den angeklagten Betrug an tausend Anlegern nicht nachgewiesen. Die Hauptangeklagte wurde vom Vorwurf des gewerbsmässigen Betrugs freigesprochen. Das Gericht sprach sie nur der Urkundenfälschung schuldig. Es belegte die 51 Jahre alte Ungarin und mit einer bedingten Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu 30 Franken.
Die erste Instanz hatte die Ungarin wegen gewerbsmässigen Betrugs und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilt. Das am Mittwoch publizierte 200 Seiten starke Urteil des Obergerichts ist noch nicht rechtskräftig.
Die Hauptbeschuldigte hatte 2005 das Pharmaunternehmen Amvac mit Sitz in Hünenberg ZG gegründet und war zeitweise dessen CEO und Verwaltungsrätin. In der Darstellung der Staatsanwaltschaft war das Unternehmen bald konkursreif.
Vorwürfe gegen die Beschuldigte
Die Beschuldigte hat laut Anklage 2012 ihren Ausstieg aus dem Unternehmen beschlossen und bis 2015 ihre wertlosen Amvac-Aktien an knapp tausend unerfahrene Anleger verkaufen lassen. Abgewickelt worden sein soll der Verkauf von den beiden Mitbeschuldigten mithilfe eines aggressiven und unlauteren Telefonmarketings.
Das Obergericht sprach die beiden Aktienverkäufer vom Vorwurf der Gehilfenschaft zum gewerbsmässigen Betrugs frei. Die erste Instanz hatte für sie Freiheitsstrafen ausgesprochen.
Begründung des Gerichts
Das Obergericht begründete die Freisprüche vom Betrugsvorwurf damit, dass die Staatsanwaltschaft einen Serienbetrug nicht nachgewiesen habe. Sie habe nur 37 Aktienkäufer einvernommen. Diese Gruppe sei aber nicht repräsentativ für die Gesamtheit der fast tausend Geschädigten.
Die 37 einvernommenen Aktienkäufer hätten unterschiedliche Gründe für einen Erwerb der Amvac-Aktien gehabt, erklärte das Obergericht. Bei den anderen Käufern sei nicht bekannt, ob und allenfalls wie sie getäuscht worden seien.
Fazit des Gerichts
«Ein auf eine arglistige Täuschung ausgerichteter einheitlicher Tatplan der Beschuldigten wurde nicht nachgewiesen», erklärte das Obergericht in seinem Fazit. Es könne auch nicht ansatzweise von einem Serienbetrug ausgegangen werden, der auf eine ganze Opfergruppe ausgelegt gewesen sei.
Das Obergericht beurteilte auch die Geschäftstätigkeit der Amvac positiver als die Staatsanwaltschaft. Das Unternehmen habe zumindest zeitweise seriöse und umfassende Forschungsarbeit geleistet. Die Amvac-Aktien seien damit nicht wertlos gewesen. Beim Kauf der Papiere hätten die Käufer nicht einen totalen Vermögensschaden erlitten.