Brienz GR: Bewohner retten bei Evakuierung Familien-Erbstücke
Brienz GR droht unter abstürzenden Felsen zu versinken. Die Evakuierung läuft. Die Einwohner packen ihre wichtigsten Sachen in Kleinbusse.
Das Wichtigste in Kürze
- Brienz muss wegen abrutschenden Felsen bis morgen Freitag geräumt werden.
- «Bis jetzt läuft die Evakuierung problemlos», sagt der Sprecher des Gemeindeführungsstabs.
- Die Leute sollen auch das mitnehmen, was man nicht mit Geld ersetzen könne.
Bis morgen Freitag müssen alle Bewohner raus aus Brienz GR. Ob ihre Häuser noch stehen werden, wenn sie wiederkommen dürfen, wissen sie nicht. Das entscheidet der Berg, der immer schneller in Richtung Dorf rutscht.
«Die Evakuierung läuft bis anhin problemlos», sagt Christian Gartmann, Sprecher des Gemeindeführungsstabs zu Nau.ch. «All die Personen und Familien, die jetzt aus den Häusern rausmüssen, organisieren sich selbst.» Teils hätten diese Kleinbusse organisiert, um alles, was sie wollten, mitzunehmen.
Die Leute müssten damit rechnen, mehrere Wochen oder Monate nicht in ihre eigene Wohnung zurückzukehren. «Das heisst, sie brauchen all das, was man in dieser Zeit sowieso brauchen würde», sagt Gartmann. Von Akten über den Computer bis hin zu Kinderspielsachen.
Zudem habe man den Bewohnern gesagt: «Nehmt alles mit, was man durch Geld, durch eine Versicherung, nicht ersetzen kann», so Gartmann. Ein Erinnerungsstück der Familie zum Beispiel sollte man unbedingt mitnehmen. «Den Schrank aus dem Möbelhaus kann man stehen lassen. Wenn der kaputtgeht, zahlt das die Versicherung.»
Gemeinde stellt finanzielle Hilfe zur Verfügung
Die Evakuierung hat für die Einwohnerinnen und Einwohner also enorme finanzielle Folgen. Auch weil sie nun eine zweite Wohnung mieten müssen, während die Kosten für die aktuelle Bleibe weiterlaufen.
«Sollte dies jemanden in finanzielle Schwierigkeiten bringen, kann er sich bei der Gemeinde melden», so Gartmann. Als Soforthilfe seien 200'000 Franken bereitgestellt worden. Der Kanton Graubünden habe zudem weitere 500'000 Franken versprochen.
Und: «Mehrere Bündner Gemeinden haben bereits Spenden angekündigt, die im fünfstelligen Bereich liegen», so Gartmann. Auch Private könnten spenden. «Wir gehen davon aus, dass wir allen helfen können, dass die entstandenen Sofortkosten gedeckt werden können.»
Mögliche Folgekosten müssten erst noch evaluiert werden. «Sollten sich Folgekosten abzeichnen, werden wir auch dafür Lösungen suchen», sagt Gartmann. «Ich kann nicht versprechen, dass wir alle Probleme lösen können. Aber die Gemeinde gibt sich grosse Mühe die Betroffenen so gut wie möglich zu entlasten.»
Brienz wird von Felssturz bedroht
In Brienz wird in den kommenden ein bis drei Wochen mit einem grossen Felssturz gerechnet. Über dem Dorf rutscht ein «Felspaket», wie Gartmann es nennt, immer weiter den Hang hinab. Dieses fasst zwei Millionen Kubikmeter, «das ist in der Grössenordnung von etwa 2000 Einfamilienhäusern.»
Dieses bewege sich momentan mit bis zu 36 Metern pro Jahr und sei dadurch sehr instabil. «Man geht davon aus, dass das in den nächsten ein bis drei Wochen abbrechen wird», sagt Gartmann weiter.
Der Gemeindeführungsstab hat deshalb die Phase Orange verhängt. Bis auf Weiteres darf in Brienz nicht mehr übernachtet werden. Am Samstag wird Einwohnerinnen und Einwohnern aber tagsüber ermöglicht, das Dorf zu betreten.
Das Grossvieh von zwei Bauernbetrieben bleibt laut Mitteilung vorerst in den Ställen. Erst bei Phase Rot wird es evakuiert – also, wenn der Abbruch drei bis zehn Tage bevorsteht.