Das Bundesgericht hebt Parlamentsbeschluss zur Transparenz in der Politikfinanzierung auf. Das Stimmvolk hatte die Initiative klar angenommen.
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Das Bundesgericht hat einen Parlamentsbeschluss zur Transparenz in der Politikfinanzierung aufgehoben. (Archivbild) - SDA
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Niederlage für die bürgerliche Mehrheit im Schaffhauser Kantonsrat: Das Bundesgericht hat einen Parlamentsbeschluss zur Transparenz in der Politikfinanzierung aufgehoben, weil er die Rechte der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verletzt.

Der Kantonsratsbeschluss vom 7. November 2022 wird aufgehoben, wie aus dem am Donnerstag publizierten Entscheid des Bundesgerichts hervorgeht. In dem Beschluss ging es um die Umsetzung der bereits im Februar 2020 von den Schaffhauser Stimmberechtigten angenommenen «Transparenzinitiative». Das Stimmvolk hatte die Initiative, die relativ strenge Vorgaben für die Finanzierung von Parteien und Kampagnen macht, klar angenommen.

Die bürgerliche Mehrheit des Kantonsrats und auch die Regierung fanden die geforderten Regelungen jedoch zu kompliziert. Die FDP reichte eine Motion «Mehr Transparenz – aber mit Augenmass» ein, die den fraglichen Verfassungsartikel nur ganz allgemein formulieren wollte. Die Details sollten in einem Gesetz geregelt werden.

FDP-Motion gegen Original-Initiative

Die Befürworter der ursprünglichen Initiative lancierten daraufhin eine «Umsetzungsinitiative» zur Durchsetzung ihrer ursprünglichen Forderungen. Doch die bürgerliche Mehrheit erklärte die FDP-Motion für erheblich und beschloss, den Stimmberechtigten vorerst nur diese stark abgeschwächte Version vorzulegen.

Über die «Umsetzungsinitiative» und einen allfälligen Gegenvorschlag dazu sollte nur abgestimmt werden, wenn die auf der Motion basierende Verfassungsänderung abgelehnt wird. SP, Grüne und der Verein Komitee für Transparenz zogen dagegen vor Bundesgericht, und haben nun Recht bekommen.

Mit dem Beschluss verletzte der Kantonsrat den in der Bundesverfassung verankerten Anspruch der Stimmberechtigten auf freie Willensbildung und unverfälschte Stimmabgabe, entschied das oberste Gericht.

Bundesgericht: Kantonsratsbeschluss verletzt Bürgerrechte

Das Bundesgericht begründet dies mit dem Dilemma von Stimmberechtigen, die sowohl die Vorlage des Kantonsrates, als auch die «Umsetzungsinitiative» dem status quo vorziehen würden, und gleichzeitig die Initiative besser finden als die Kantonsratsvorlage.

Entweder müssten diese der Vorlage des Kantonsrats zustimmen, obwohl die Annahme der Vorlage zu einer Verschlechterung der Chancen der Umsetzungsinitiative führen würde. Oder sie müssten gegen die Vorlage des Kantonsrats stimmen, welche sie eigentlich dem Status quo vorziehen würden, um die Chancen der Umsetzungsinitiative nicht zu verschlechtern.

Der Kantonsrat muss nun auf Geheiss des Bundesgerichts über die Gültigkeit der «Umsetzungsinitiative» entscheiden, und diese in einer Volksabstimmung die auf der Motion basierenden Verfassungsänderung als Gegenvorschlag gegenüberstellen.

Auch wenn der Entscheid über Gültigkeit oder Ungültigkeit der «Umsetzungsinitiative» formal in die Zuständigkeit des Schaffhauser Kantonsrats fällt, gibt das Bundesgericht klar zu verstehen, dass es eine Gültigkeitserklärung erwartet. Es spreche «prima vista alles dafür, dass die Umsetzungsinitiative für gültig zu erklären ist», heisst es im Urteil.

(Urteil 1C_641/2022 vom 22. Februar 2024)

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