Bundesgericht: Witwe muss Ex-Frau ihres Mannes Unterhalt zahlen
Klingt wie ein Film, ist aber echt! In Meilen ZH muss eine Witwe tatsächlich der Ex-Frau ihres verstorbenen Mannes Unterhalt zahlen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Bundesgericht entscheidet, dass eine Witwe der Ex-Frau ihres Mannes Unterhalt zahlt.
- Grund dafür ist eine Scheidungsklausel namens «passive Vererblichkeit» aus den 1990ern.
Diese Abmachung geht auch über den Tod hinaus. Das Bundesgericht entschied kürzlich, dass eine geschiedene Frau auch nach dem Tod ihres Ex-Mannes Anspruch auf Unterhaltszahlungen hat. Nun ist es die zweite Frau des Mannes, die zur Zahlung verpflichtet ist. Das schreibt die «Zürichsee Zeitung».
Die Scheidung der ersten Eheleute ist 1993 im Bezirk Meilen ZH. Der Mann verpflichtet sich, seiner Ex-Frau monatlich 12'000 Franken als Unterhalt zu zahlen. Bis zu seinem Tod im Jahr 2022 tut er das auch. Inzwischen heiratet er nochmals.
Die Witwe wird Alleinerbin. Allerdings erbte sich auch die Unterhaltspflicht an die Ex-Frau ihres Ehemannes. Schuld daran ist die Klausel in der Scheidungsvereinbarung zwischen dem ehemaligen Ehepaar namens «passive Vererblichkeit». Das passt ihr ganz und gar nicht – sie setzt die Unterhaltszahlungen monatelang aus.
Streit bis zum Bundesgericht
Der Fall landet vor dem Bundesgericht, weil die Ex-Frau Anfang 2023 die Alleinerbin aufgrund der fehlenden Zahlungen betreibt. Entgegen der Entscheidungen des Bezirksgerichts Zürich und des Obergerichts, die der Ex-Frau recht geben, gibt die Witwe nicht auf.
Der Fall bleibt klar. Die Scheidungsvereinbarung aus den 1990er Jahren ist rechtskräftig und muss nach wie vor vollstreckt werden. Das bedeutet, dass die Witwe nun für ihre verstorbene Ex-Frau aufkommen muss.
Der monatliche Unterhalt beträgt aufgrund der jetzigen Inflation rund 14'000 Franken. Diese Unterhaltspflicht endet erst mit dem Tod der Ex-Frau selbst.
Veraltete Scheidungsrechte
Das Urteil steht. Dennoch ist es verwunderlich, dass eine Witwe im Jahr 2024 Unterhalt für die Ex-Frau ihres Mannes zahlen muss. Der Rechtsanwalt der Ex-Frau Daniel Stoll erklärt bei der «Zürichsee Zeitung»: «Das Urteil reflektiert nicht unsere heutige Gesellschaftsrealität, sondern jene von 1993».
Stoll erläutert weiter: «Bis zum Jahr 2000 prüften Gerichte noch, wer schuld am Scheitern einer Ehe war». Heute sind Scheidungen unabhängig vom Verschulden. Unterhaltszahlungen werden nur dann verordnet, wenn sie wirklich notwendig sind. «BVG-Guthaben und Errungenschaften werden zur Hälfte geteilt, unabhängig davon, wer wie viel dazu beigetragen hat», sagt Daniel Stoll.