«Carlos» entblösst Regelungslücke im Zürcher Justizvollzug
Ein Verlegungsgesuch im Fall «Carlos» entblösst eine Lücke der Zürcher Justiz. Verwaltungs- und Obergericht müssen klären, wer für die Verlegung zuständig ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall «Carlos» deckt eien Lücke in der zürcherischen Justiz auf.
- Auslöser dafür ist ein Verlegungsgesuch, bei dem die Zuständigkeit unklar ist.
- Nun müssen Verwaltungs- und Obergericht festlegen, wer für Verlegungen zuständig ist.
Ein Verlegungsgesuch in ein anderes Gefängnis von 2018 des in den Medien als «Carlos» bekannt gewordenen jungen Straftäters hat eine Lücke in der zürcherischen Justizvollzugsverordnung offenbart. Auf Geheiss des Bundesgerichts müssen Verwaltungs- und Obergericht festlegen, wer für Verlegungen zuständig ist.
Bei Bedarf ist der Kantonsrat Zürich als Oberaufsichtsinstanz beizuziehen, wie das Bundesgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil ausführt. Sollte es sich als notwendig erweisen, müsse das kantonale Gesetzes- beziehungsweise Verordnungsrecht angepasst werden.
Carlos stellte 2018 Verlegungsgesuch
Carlos hatte im Oktober 2018 ein Gesuch um Verlegung aus der Sicherheitsabteilung der Justizvollzugsanstalt Pöschwies (JVA) in ein Untersuchungsgefängnis gestellt. Das Amt für Justizvollzug wies das Gesuch ab und die JVA ordnete den Verbleib von Carlos in der Sicherheitsabteilung an.
Die kantonale Justizdirektion wies die Rekurse gegen die vorgängigen Entscheide ab, so dass Carlos ans Zürcher Verwaltungsgericht gelangte. Dieses stellte fest, dass nicht der Justizvollzug und damit kantonal letztinstanzlich das Verwaltungsgericht für das Verlegungsgesuch zuständig. Sondern die im vorliegenden Fall zuständige Verfahrensleitung und somit das Obergericht.
Laut Bundesgericht sind aufgrund der kantonal anwendbaren Bestimmungen beide Varianten möglich. Es erachtet es jedoch als Aufgabe des Kantons, dies selbst zu bestimmen und für zukünftige Fälle Klarheit zu schaffen.
Übergangsregelung musste getroffen werden
Für Carlos musste es aufgrund des Anspruchs auf eine gerichtliche Beurteilung eine Übergangsregelung treffen, die keine präjudizielle Wirkung habe, wie das Bundesgericht schreibt. Wie vom Beschwerdeführer beantragt, hat das Bundesgericht das Amt für Justizvollzug für zuständig erklärt.
Carlos wurde im Juni 2019 – also noch während diesem Verfahren – nach Lenzburg verlegt. Im November 2019 verurteilte ihn das Bezirksgericht Dielsdorf wegen versuchter schwerer Körperverletzung und weiterer Delikte, die er im Juni 2017 in der JVA Pöschwis begangen hatte, zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten. Zudem ordnete das Bezirksgericht eine stationäre therapeutische Massnahme an.
Das Bundesgericht hat der Zürcher Justiz nicht nur die Klärung der Zuständigkeiten aufgetragen. Das Verwaltungsgericht muss auch prüfen, ob Carlos vorinstanzlich rechtsgültig vertreten war. Daran zweifelte das Verwaltungsgericht offenbar selbst, wie aus dem Urteil des Bundesgerichts hervor geht. Es liess die Frage aber offen.
Das Verwaltungsgericht bezweifelte insbesondere, ob die vom damaligen Rechtsvertreter von Carlos eingereichte Vollmacht tatsächlich dessen Willen entsprach. Carlos habe mehrmals und dokumentiert ausgesagt, dass er gar nicht in ein anderes Gefängnis verlegt werden wolle.