Chaos um Heizpilz-Regeln in der Schweiz
Die Gastrobranche will sich mit Heizpilzen über den Winter retten. Die Forderungen sind klar – doch die Regeln nicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Gastronomiebranche wurde von der Coronakrise besonders hart getroffen.
- Resti-Besitzer befürchten weitere Ausfälle, weil es zu kalt wird, um draussen zu essen.
- Sie wollen sich nun mit umstrittenen Heizpilzen über den Winter retten.
- Doch in der Schweiz herrscht diesbezüglich ein Regel-Chaos.
Mit dem Winter kommt die Kälte, mit der Kälte gehen die Resti-Besucher – zumindest in Zeiten der Coronakrise, wie Gastronomen befürchten. Denn während der Pandemie setzen sich viele nicht gerne mit vielen Fremden in enge Räume. Bislang konnte man auf die Terrasse ausweichen. Doch nun wird es zu kalt.
Im Herbst und Winter könnten also noch weniger Menschen die von Corona stark getroffenen Gastro-Betriebe aufsuchen. Die Restaurantbesitzer haben eigentlich eine Lösung parat – leider stossen sie damit allerdings auf wenig Begeisterung.
Heizpilze sollen die Gäste in den kalten Monaten auch auf der Terrasse warm halten. Das forderte «Gastrosuisse»-Präsident Casimir Platzer kürzlich im Interview mit SRF. Das Problem damit: Die Öfen gelten als extrem umweltunfreundlich, sind gar an vielen Orten in der Schweiz verboten. Doch wo und wie genau – dafür gibt es keine allgemeingültige Regel.
Nicht einmal die Umweltorganisation Greenpeace, die sich einst für ein Verbot der Heizkörper einsetzte, hat noch den Überblick. Auf Anfrage von Nau.ch sagt Sprecherin Yvonne Anliker: «Wir haben keine Übersicht, wo Heizpilze erlaubt sind und wo nicht.» Ein flächendeckendes Verbot würde Greenpeace jedoch begrüssen.
Wirrwarr bei Zürcher Behörden
Das Heizpilz-Chaos verwirrt offenbar auch die Behörden: In Zürich sind Aussenheizungen mit erneuerbarer Energie auf Privatgrundstücken eigentlich bewilligungsfähig. Doch letzten Freitag hatte die Stadt gegenüber «Tamedia» erklärt, dass Heizpilze immer verboten seien. Später folgte dann die Korrektur.
Ähnlich sieht es im Kanton Neuenburg aus. Es darf mit erneuerbaren Energien draussen geheizt werden, wie RTS berichtet. «Grundsätzlich werden Heizungen mit Pellets verwendet, die aus einheimischem Holz hergestellt werden», erklärt Gemeinderätin Violaine Blétry-de Montmollin. Heizpilze sind aber verboten.
Basel-Stadt erlaubt Heizpilze vorübergehend
In den Kantonen Baselland und Bern müssen Beizer auf Alternativen zurückgreifen, sollen ihre Besucher auch draussen wohlig warm haben.
In der Bundesstadt wird laut dem Gemeinderat auf energieeffiziente Heizkissen gesetzt – im ganzen Kanton darf draussen ausschliesslich mit Erneuerbaren geheizt werden. Ebenfalls verboten sind die Heizpilze in der Stadt Zug, in Luzern und auch in Solothurn.
Der Kanton Basel-Stadt dagegen hat Gastro-Betrieben kürzlich eine Ausnahmebewilligung erteilt. Angesichts der Coronakrise haben die Behörden Heizpilze bis zum 30. April erlaubt.
Klimatologe: «Heizpilze energetisch ein Schwachsinn»
Unter dem Strich lässt sich also sagen: Die Heizpilze sind in der Schweiz fast überall verrufen. Doch sind die Aussenheizungen tatsächlich so schädlich? Der bekannte Klimatologe Reto Knutti findet klare Worte. Gegenüber Nau.ch sagt er: «Energetisch ist das ein Schwachsinn, man heizt im Wesentlichen die Atmosphäre.»
Ob nun andere Kanton dem Basler Beispiel folgen und die ungeliebten Pilze zumindest diesen Winter erlauben, wird sich zeigen. «Am Schluss ist es wie so oft eine Abwägung von Interessen, hier zwischen denen der Gastronomie und dem gemeinsamen Gut des Klimas», meint Knutti.