Chirurg arbeitet 80 Stunden – kaum ein Student will das
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Chirurg stört sich an 50 Stunden Arbeit pro Woche für Assistenzärzte.
- Diese 50-Stunden-Woche führe zu «Übergabefehlern», weil Ärzte früher nach Hause müssten.
- Doch der Grossteil der Medizinstudis möchte nicht über 50 Stunden pro Woche arbeiten.
- Sogar die 42-Stunden-Woche wird zum Thema.
Für Assistenzärzte gilt heute in der Schweiz die 50-Stunden-Woche. Immer mehr vor allem junge Arbeitnehmer üben aber Kritik an der hohen Arbeitsbelastung. Die Forderung nach der 42-Stunden-Woche, wie sie in anderen Berufsfeldern üblich ist, wird laut.
Die 26-jährige Assistenzärztin Laura Biondi sagte in der SRF-Sendung «Rundschau»: «Es ist eine Realität der heutigen Generation, dass die Work-Life-Balance ein Thema ist.»
Sind Sie zufrieden mit Ihrer Wochenarbeitszeit?
Wenig von dieser Forderung hält der 61-jährige Spitzenchirurg Othmar Schöb. Er arbeitet am Chirurgischen Zentrum Zürich an der Hirslanden Klinik bis zu 80 Stunden pro Woche. Für ihn sind selbst 50 Stunden zu wenig – er begründet dies mit der Wichtigkeit der Praxiserfahrung: «Ein Spitzensportler, der gross herauskommen will, trainiert auch mehr als ein Hobbysportler.»
In der «Rundschau» beschwerte er sich, dass er Assistenz-Ärzte nach 50 Stunden heimschicken muss. Obwohl sie mehr arbeiten wollen. Das führe zu «Übergabefehlern».
50-Stunden-Woche oder mehr fällt bei Studis durch
Doch: Ein Grossteil der Hochschüler will nicht so viel arbeiten wie Schöb. Das zeigt eine Umfrage des Verbands der Schweizer Medizinstudierenden von letztem Dezember.
96 Prozent sprechen sich gegen eine Wochenarbeitszeit von mehr als 50 Stunden aus. 80 Prozent geben an, ihnen seien die Einhaltung des Arbeitsgesetzes und regulierte Arbeitszeiten wichtig. Ein weitverbreitetes Anliegen ist auch eine gute Ausbildung.
Die Präsidentin des Verbands, Valeria Scheiwiller, sagt gegenüber Nau.ch: «Den Studierenden, die Spitzenmediziner werden wollen, ist mit Sicherheit bewusst, dass sie einer hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt sein werden.»
Allen angehenden Chirurgen und Chirurginnen sei es aber wichtig, die Zeit auch wirklich im Operationssaal verbringen zu können. Nicht mit administrativen Tätigkeiten.
«Nicht alle müssen oder wollen Spitzenmediziner werden»
Den Spitzensportler-Vergleich des Chirurgen findet Scheiwiller weniger zutreffend: «Die Schweiz ist auf ihren ärztlichen Nachwuchs angewiesen und benötigt diesen in allen Fachgebieten. Nicht alle müssen oder wollen Spitzenmediziner werden.»
Die angehenden Ärzte und Ärztinnen seien hoch motiviert, im Beruf zu arbeiten, und hätten dieses Studium bewusst gewählt. «Wichtig ist, dass nun Bedingungen geschaffen werden, sodass diese langfristig im Beruf bleiben», so Scheiwiller.
Und was sagt Schöb zur lockereren Arbeitseinstellung der Jungen? «Es geht darum, die Zeit effizient zu nutzen», so Othmar Schöb auf Anfrage von Nau.ch zu. «Das Chirurgische Zentrum Zürich setzt bereits alles daran, die gesetzliche Arbeitszeit einzuhalten und sinnvoll einzuteilen. Zugunsten einer qualitativ hochstehenden Ausbildung.»
Administrative Tätigkeiten übernehme das dafür qualifizierte Personal.