An der Selfcheckout-Kasse bei Coop bildet sich eine Schlange, daneben sitzt die gelangweilte Kassierin – in der Stadt kein Wunder, sagt der Experte.
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Gähnende Leere an der bedienten Kasse der Coop-Filiale am Berner Eigerplatz: Den Experten erstaunt es nicht. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Coop-Kundin wundert sich: Beim Einkaufen ignorieren viele die bediente Kasse.
  • Ein Stadt-Land-Graben, glaubt der Konsum-Experte.
  • Und: Er ist überzeugt, dass die bedienten Kassen weiter abgebaut werden.
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Nau.ch-Leserin Sarah Waldner* (30) holt sich schnell ein Znacht. In der Eigerplatz-Filiale von Coop in der Stadt Bern ist sie nicht die einzige. Bei den Kassen erwartet sie eine Schlange – Waldner stellt sich hinten an.

Doch dann fällt ihr auf: Nur vor den drei Selfcheckout-Kassen warten Kundinnen und Kunden. Direkt daneben sitzt eine Mitarbeiterin gelangweilt an der bedienten Kasse. Bei ihr steht niemand an, obwohl die Schlange am Selfcheckout länger wird.

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In dieser Filiale von Coop am Eigerplatz in Bern macht eine Kundin eine kuriose Beobachtung. - keystone

Die Mitarbeiterin «versuchte, auffordernd mit den Kunden Augenkontakt zu machen», erzählt Sarah. «Ich war aber offenbar die einzige, die das bemerkte.»

Der Appell wirkt: Schnell wechselt Waldner zur bedienten Kasse. «Ich zahle ja auch gerne an der Selfcheckout-Kasse, aber das fand ich doch speziell: So viele Leute, die lieber warten, als kurz mit der Verkäuferin zu sprechen», wundert sie sich.

Kassen-Plauderei ist städtischen Kunden «ein Gräuel»

Ähnliches hat auch schon die Zürcherin Besjana Krasniqi* (29) beobachtet. «In Zürich stellen sich meist mehr Leute bei den Selfcheckout-Kassen an als an den bedienten. Ich gehe aber immer extra zur Kassierin, weil mir die Mitarbeiter sonst leidtun», sagt sie zu Nau.ch.

Eine Schlange vor den Selfcheckouts, gähnende Leere vor der bedienten Kasse: Im städtischen Gebiet verwundert das Konsum-Experte Christian Fichter von der Fachhochschule Kalaidos nicht mehr. «Ich glaube durchaus, dass Selfcheckout-Kassen in den Städten beliebter sind als auf dem Land», sagt er zu Nau.ch.

Wo zahlst du lieber deine Einkäufe?

«Erstens, weil sich in den Städten mehr junge, technik-affine Konsumenten tummeln. Zweitens, weil es Städter eiliger haben – die nächste Yoga-Stunde wartet schon», sagt er.

Und drittens: «Ganz wichtig, Stadtmenschen schätzen die Anonymität. Eine Plauderei an der Kasse ist ihnen ein Gräuel. Zu guter Letzt hatten Menschen in der Stadt mehr Zeit, sich an diese Kassen zu gewöhnen.»

Denn: Migros und Coop führten sie dort früher ein als auf dem Land.

Insgesamt bediente Kassen bei Migros noch beliebter

Sowohl Coop als auch die Migros teilen auf Anfrage von Nau.ch keine Zahlen zur Beliebtheit von Selfcheckout-Kassen.

Ob sie in den Städten beliebter seien als auf dem Land, lasse sich nicht pauschal beantworten, sagt Coop-Sprecher Kevin Blättler. «Self-Checkout-Kassen und bediente Kassen sind gleichermassen beliebt.»

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Selfcheckout-Kassen sind bei Städtern beliebter als auf dem Land, ist ein Konsum-Experte überzeugt. (Archivbild)
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Das geht so weit, dass eine Kundin kuriose Szenen beobachtet: Trotz Schlange vor den Selfcheckouts ignoriert die Kundschaft die bediente Kasse. (Archivbild)
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«Ich zahle ja auch gerne an der Selfcheckout-Kasse, aber das fand ich doch speziell: So viele Leute, die lieber warten, als kurz mit der Verkäuferin zu sprechen», wundert sie sich. (Archivbi
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Ein Experte ist sicher, dass sowohl Migros als auch Coop bediente Kassen in Zukunft weiter abbauen werden. (Archivbild)
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«Aber sie werden vorläufig nicht ganz abgeschafft», sagt er.

Bei der Migros heisst es, welche Kasse bevorzugt wird, sei «sehr individuell». Aber insgesamt «lässt sich sagen, dass die Kasse mit Personal nach wie vor die bevorzugte Wahl ist».

Experte: Coop und Migros bauen bediente Kassen weiter ab

Doch für Konsum-Experte Fichter ist klar: Der Trend spricht gegen die bedienten Kassen. «Sie werden sicher abgebaut, das beobachten wir ja jetzt schon», sagt er. «Aber sie werden vorläufig nicht ganz abgeschafft.»

Das betont auch Migros-Sprecherin Sarah Reusser: «Es wird weiterhin in allen unseren Filialen bediente Kassen geben.» Bei Coop heisst es, es sei wichtig, dass die Kundschaft frei wählen könne. «Wir entwickeln unser Kassensystem ständig weiter und beobachten insbesondere die technologische Entwicklung», sagt Coop-Sprecher Blättler.

«Paradoxerweise» werde in der sonst anonymen Stadt der zwischenmenschliche Kontakt eben doch gebraucht, sagt Fichter: «Ein kurzer Schwatz tut gut.»

Sein Gratis-Tipp: «Einfach immer die Schlange wählen, die kürzer ist, egal ob Mensch oder Maschine.»

*Name von der Redaktion geändert

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