Coronavirus: «Ansteckung der Sexarbeiterin ist keine Überraschung»
An der Zürcher Langstrasse hat sich eine Sexarbeiterin mit dem Coronavirus infiziert. Eine Überraschung sei dies nicht, sagt die Zürcher Stadtmission.
Das Wichtigste in Kürze
- An der Zürcher Langstrasse hat sich eine Sexarbeiterin mit dem Coronavirus infiziert.
- 50 weitere Frauen und zwei Polizisten befinden sich in Quarantäne.
- Eine Überraschung sei die Ansteckung jedoch nicht, so die Zürcher Stadtmission.
An der Langstrasse in Zürich kam es zu einem «aussergewöhnlichen Fall». Eine Sexarbeiterin infizierte sich mit dem Coronavirus – 50 weitere Frauen müssen sich in Quarantäne begeben. Im Haus befindet sich die Kontaktbar «Lugano-Bar». Dort treffen sich regelmässig Freier und Prostituierte.
Nicht nur das, auch zwei Polizisten befinden sich nach dem Einsatz an der Langstrasse in Quarantäne, wie die Stadtpolizei mitteilt. Sie suchten die Frau auf, um sie über das positive Resultat des Corona-Tests zu informieren. Die beiden Polizisten wurden von den Kolleginnen der jungen Frau «körperlich bedrängt», da diese sehr emotional reagiert hätten.
Ansteckung mit Coronavirus «keine grosse Überraschung»
Kari-Anne Mey, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit bei der «Zürcher Stadtmission», scheint die Aufregung nicht ganz zu verstehen. «Wie man sich mit dem Virus ansteckt, ist derzeit die grosse Frage. In der Schule, im Familienkreis, beim Fussballmatch oder im Club? Daher ist die Ansteckung einer Sexarbeiterin keine Überraschung, es kann jede und jeden treffen.»
Seit dem 6. Juni 2020 ist die Sexarbeit in der Schweiz unter Einhaltung des Schutzkonzepts erlaubt, welches die Betriebe selbst erstellen. Doch: «Wie das Schutzkonzept eingehalten wird, hängt aber von den jeweiligen Akteuren ab – Betreiber, Sexarbeitende und Kunden», betont Mey.
Schliessung des Sexgewerbes kommt nicht infrage
Und wie wäre es mit einem erneuten Verbot der Sexarbeit, um Ansteckungen zu vermeiden? «Das ist nicht sinnvoll. Ein Verbot geht zulasten der Sicherheit», erklärt sie. Sexarbeitende hätten so mit riskanten Arbeitsbedingungen, grossem Druck und noch geringerem Einkommen zu kämpfen.
Die Unsicherheit im Gewerbe aufgrund des Coronavirus spüre man deutlich. Die Zahl der Beratungen hätten seit Beginn der Pandemie «klar zugenommen». «Anfangs Lockdown wurde die Beratungsstelle Isla Victoria förmlich überrannt. Von verzweifelten Menschen, die plötzlich keine Einkünfte mehr hatten und denen die Obdachlosigkeit drohte.»
Zurzeit verteile die Organisation dreimal in der Woche 120 Menus an Sexarbeitende, die zu den Klienten der Zürcher Stadtmission gehören.