Coronavirus: Armee könnte Spitäler in Krise erneut unterstützen
In der Schweizer Spital-Landschaft bahnt sich erneut ein grosser Personalmangel an. Die Armee wäre «sehr flexibel», um die Spitäler erneut zu entlasten.
Das Wichtigste in Kürze
- Schweizer Spitäler geraten an ihre Kapazitätsgrenzen und brauchen mehr Personal.
- Der Verband Schweizer Spitäler fordert eine nationale Plattform für Personal-Kapazitäten.
- Die Armee bekräftigt, sie könnte die Spitäler auch in der zweiten Welle unterstützen.
Das Genfer Universitätsspital hat am Sonntag einen Hilferuf an ehemalige Mitarbeiter und Pensionierte abgesetzt. Wegen der zweiten Welle braucht das Spital dringend mehr Personal für medizinische, pflegerische oder administrative Aufgaben. Auch das Spital im Unterwallis hat Personalprobleme: 50 Mitarbeiter sind am Coronavirus erkrankt und das Spital ist fast voll.
Ein Abflachen der Hospitalisierungen ist nicht in Sicht. Seit Freitag sind in der Schweiz 259 neue Coronavirus-Patienten in ein Spital eingeliefert worden. Entsprechend kommt die Frage auf, wie die Spitäler beim Personal entlastet werden könnten.
8'000 Soldaten hatten die Pflegeeinrichtungen in der ersten Pandemie-Welle unterstützt. «Ja, das könnte die Armee erneut tun», antwortet Armee-Sprecher Daniel Reist auf die Frage, ob die Soldaten die Lage in den Spitälern auch in der zweiten Welle entschärfen könnten. «Im Rahmen der Bereitschaft der Armee und mit den Formationen 'Miliz mit erhöhter Bereitschaft' ist sie da sehr flexibel», so Reist.
«Die Armee betreibt verschiedene Eventualplanungen»
Ist eine Mobilmachung wie im Frühjahr etwa schon konkret? «Die Armee betreibt verschiedene Eventualplanungen. Spruchreif oder konkret ist aber nichts», erklärt Reist. Er verweist darauf, dass eine Mobilmachung erneut Beschlüsse der vorgesetzten politischen Stufen bedingen würde.
Bei der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren GDK sind noch keine Gesuche der Kantone um Unterstützung durch die Armee eingegangen, wie GDK-Sprecher Tobias Bär auf Anfrage erklärt.
Auch der Zivilschutz kann die Pflegeeinrichtungen unterstützen. In einigen Kantonen wie Graubünden und Freiburg sind die Zivilschützer bereits beim Contact-Tracing im Einsatz.
Spitäler können internes Netzwerk abrufen
Eine Unterstützung aus Armee-Kreisen sieht auch der Spitalverband H+ als mögliche Lösung. «Wenn sich die Situation weiter zuspitzt, dann werden sicherlich die Fachkräfte aus der Armee auch wieder gebraucht», sagt Direktorin Anne-Geneviève Bütikofer zu Nau.ch.
Nebst einem Aufruf via Medien haben Spitäler gemäss Bütikofer auch die Möglichkeit, über das interne Netzwerk ehemalige und bereits pensionierte Mitarbeitende anzufragen. Das Universitätsspital Zürich habe während der ersten Welle auch Medizinstudenten rekrutiert und geschult.
Was jedoch zurzeit fehle, sei eine nationale Informationsplattform, die nicht nur Bettenkapazitäten, sondern auch Personal-Kapazitäten und Material erfasse und täglich aktualisiere. «Eine solche Plattform existiert leider nicht, obwohl diese laut Art. 60 des Epidemiengesetzes vorgeschrieben wäre», sagt Bütikofer.
Zwar erfasse und aktualisiere der Koordinierte Sanitätsdienst der Armee die Daten täglich für die Intensivpflegebetten. «Aber auch die anderen Kapazitäten wie eben Personal und Material wären zentral in der Bewältigung der Pandemie.» Der Spitalverband hatte eine solche Plattform schon in der ersten Welle verlangt – und tut es nun erneut.