Coronavirus: Darum griff die Polizei am Bahnhof Bern nicht ein
Hunderte Skeptiker demonstrierten in Bern gegen die Massnahmen gegen Corona. Die Polizei griff durch – allerdings nicht am Bahnhof. Die Polizei erklärt, warum.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei der Corona-Demo am Donnerstag setzte die Polizei Gummischrot und Reizmittel ein.
- Es kam zu Angriffen auf die Sicherheitskräfte.
- Laut Reto Nause war es anfangs schwierig, Kritiker und Passanten zu unterscheiden.
Eigentlich wollte die Stadt Bern keine unbewilligten Corona-Demonstrationen mehr tolerieren. Dennoch kam es am Donnerstagabend in der Bundesstadt zu einer unbewilligten Kundgebung mit Hunderten Skeptikern. Es kam zu Angriffen auf die Beamten, die Polizei antwortete mit Tränengas und Gummischrot.
Polizeisprecherin Isabelle Wüthrich sagt am Freitagmorgen zu Nau.ch: «Unser oberstes Ziel war es, unbeteiligte Personen und exponierte Infrastrukturen zu schützen.» Dies hätte die Polizei erreicht.
«Ein Vordringen zum Bundeshaus konnte verhindert werden», so Wüthrich. «Mit gezielten Sperrungen haben wir den Umzug gelenkt. Es kam jedoch zu Angriffen gegen die Einsatzkräfte.»
«Eskalation beim Baldachin verhindert»
Berichte von verletzten Personen liegen nicht vor. «Wir haben aktuell keine Kenntnis von verletzten Personen – auch bei unseren Einsatzkräften nicht», sagt Polizeisprecherin Isabelle Wüthrich am Freitagmorgen zu Nau.ch.
Gerade beim Baldachin neben dem Bahnhof gestaltete sich der Einsatz schwierig. Neben Demonstranten hielten sich dort auch Passanten auf. «Ein unmittelbares Eingreifen hätte zu einer Eskalation geführt, wo Verletzte hätten in Kauf genommen werden müssen.» Die Kantonspolizei Bern hat Kontrollen durchgeführt und Wegweisungen ausgesprochen.
Rund 800 Kritiker der Massnahmen gegen das Coronavirus sammelten sich am Abend beim Bahnhof Bern. Die Polizei führte rigorose Personenkontrollen durch, eine Frau wurde aus noch unbekannten Gründen abgeführt.
Für die Polizei sei es schwierig gewesen, Demonstranten von normalen Passanten zu unterscheiden. Vor dem Bahnhof hätte der Protest nicht im Keim erstickt werden können, ohne unbeteiligte Dritte zu gefährden. Dies sagte Sicherheitsdirektor Reto Nause gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Rund 800 Personen setzten sich dann Richtung Altstadt in Bewegung, Kinder wurden in die vordersten Linien gestellt. Die Polizei habe den Umzug begleitet und verhindern können, dass er auf den Bundesplatz gelange, so Nause. Während der Kundgebung sei es auch zu Auseinandersetzungen zwischen Massnahmengegnern und Linksautonomen gekommen.
Um ein Vordringen in die untere Altstadt zu unterbinden, setzte die Polizei auch Tränengas, Gummischrot und einen Wasserwerfer ein. Personen hätten die Anweisung, die Sperre nicht zu überschreiten, ignoriert, so die Polizei in einer Medienmitteilung. Die Demonstranten hätten auch Pyrotechnik gezündet und die Polizei mit Steinen und Dosen beworfen.
Rund 60 Personen seien weggewiesen worden, 13 für weitere Abklärungen auf den Polizeiposten gebracht worden. Sie müssen laut der Polizei mit Anzeigen rechnen. Ihnen wird Landfriedensbruch, Gewalt und Drohung gegen Beamte sowie Hinderung einer Amtshandlung vorgeworfen. Zudem habe die Polizei Vermummungsmaterial, Messer und Schraubenzieher sichergestellt.
Coronavirus: Laut Nause wächst der Unmut über Demos
Auf Twitter wurden wie nach der Demonstration vor einer Woche Vermutungen laut, dass die gewaltbereiten Demonstranten keine Kritiker seien. Es handle sich um Agent Provocateur oder Mitglieder der Antifa.
Gemäss Nause wächst der Unmut in der Bevölkerung mit jeder Demonstration gegen die Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus weiter. Denn der öffentliche Verkehr und das öffentliche Leben seien zum wiederholten Mal stundenlang beeinträchtig gewesen.
Ausser Klebereien liegen der Polizei bislang keine Kenntnisse von Sachschäden vor.