Coronavirus: Digital-Experte kritisiert BAG für Covid-App
Die SwissCovid-App ist im Kampf gegen das Coronavirus weniger erfolgreich als erhofft. Digital-Experte Martin Steiger sieht die Gründe dafür beim BAG selbst.
Das Wichtigste in Kürze
- Nur eine knappe Million Schweizer nutzt die SwissCovid-App.
- Der App fehlt es an Zuspruch, gerade bei der jungen Generation.
- Die Gründe dafür sieht Digital-Experte Martin Steiger in der Kommunikation des BAG.
Die Swiss-Covid-App ist ein Misserfolg. Nur rund 1,85 Millionen Schweizer haben sich die App überhaupt heruntergeladen. Aktiv genutzt wird sie aber von gerade mal der Hälfte. Schlimmer noch: Die Nutzerzahlen sinken bereits wieder.
Vergangene Woche erreichte die App gemäss Bundesamt für Statistik BfS mit etwas mehr als einer Million aktiven Apps den Nutzer-Höchststand. Seitdem gingen die Zahlen schon wieder leicht zurück: Am vergangenen Sonntag waren es lediglich 950'000 aktive Apps, am Mittwoch (letzter Stand) 946'000.
Ziel verfehlt
Damit hat die App alle gesetzten Ziele im Kampf gegen das Coronavirus klar verfehlt. Ursprünglich erhoffte sich Marcel Salathé, Leiter der Expertengruppe «Digital Epidemiology» der Covid-19-Taskforce, 60 Prozent der Bevölkerung zu erreichen.
Doch bald darauf relativierte der EPFL-Professor seine Wünsche gegenüber dem «Blick»: «Auch wenn nur 20 oder 30 Prozent die App nutzen, würde das schon einen enormen Beitrag zur Abschwächung der Pandemie leisten.»
Doch auch davon sind wir weit weg: 950'000 Menschen entsprechen gerade einmal 11 Prozent der Bevölkerung. Damit hat die App nur einen minimalen Einfluss auf das Contact Tracing: Gemäss BAG wurden bisher lediglich 80 Covidcodes von infizierten App-Nutzern eingetragen (Stand 16. Juli).
Geringer Zuspruch, noch geringere Installationsquoten
Doch warum nutzen so wenige die App? Vergangene Woche veröffentlichte Comparis eine repräsentative Umfrage.
Demnach wollen nur 44 Prozent der Schweizer die App installieren. Dass die Befürwortung der App mit dem Alter abnehmend ist, erstaunt wenig. Hauptgründe für die Ablehnung sind Zweifel am Nutzen der App, gefolgt von Datenschutz-Bedenken.
Doch auch bei den unter 30-Jährigen befürwortet weniger als die Hälfte die App. Dabei zeigen die Zahlen, dass aktuell gerade die junge, aktive und Smartphone-affine Generation derzeit zur Verbreitung des Coronavirus beiträgt.
Digital-Experte sieht Fehler in der BAG-Kommunikation
Den Grund für die geringe Zustimmungs-Quote sieht Martin Steiger, Rechtsanwalt und Sprecher der Digitalen Gesellschaft, beim BAG: «Ich kann mir tatsächlich vorstellen, dass die bisherige Kommunikation nicht geeignet war, jüngere Menschen zur Nutzung der App zu bewegen.»
Steiger kritisiert, dass die Nutzung der App äusserst unattraktiv gestaltet ist: «Wer die App nutzt, erhält keinerlei Rückmeldung, dass die App funktioniert und ob sie überhaupt einen Nutzen hat. Es gibt keine Zahlen, geschweige denn so etwas wie Gamification.» Die App bleibt ein trockenes Analysetool, das über keinerlei Funktionen verfügt, die die Nutzung der App attraktiv machen würde.
BAG zeigt Schwächen im Digital-Sektor und in der Kommunikation
Das BAG hat gemeinsam mit dem Bundesrat einen essentiellen Beitrag zur Senkung der Infektionsquoten mit dem Coronavirus geleistet. Doch bei dem, was darüber hinaus geht, zeige das Bundesamt Schwächen.
«Das BAG zeigt sich in dieser Pandemie bei zwei Themen besonders herausgefordert: Daten und Digitalisierung sowie Kommunikation», so Steiger. Die Behörden erwecken den Eindruck, in die Sommerferien verschwunden zu sein. «Leider lassen die aktuellen Fallzahlen ein solches Laissez-faire aber eigentlich nicht zu.»
War die App-Entwicklung also nur eine Verschwendung von Steuer-Millionen statt einer sinnvollen Massnahme zur Bekämpfung des Coronavirus? Steiger sieht noch Hoffnung für die App. «Wir hoffen, dass das BAG die Kommunikation hochfährt, gerade mit einem Fokus auf jüngere Menschen. Die App sollte ausserdem dahingehend verbessert werden, dass die Nutzerinnen und Nutzer merken, dass die App funktioniert.»