Coronavirus: Massenentlassung von Contact Tracern in drei Kantonen
Mit der Abschaffung der Quarantäne-Pflicht wegen des Coronavirus geht dem Contact Tracing die Arbeit aus. Jetzt kommt es zu Massenentlassungen in drei Kantonen.
Das Wichtigste in Kürze
- Beim Contact Tracing in drei Kantonen kommt es zu einer Massenentlassung.
- Hunderte Kontaktverfolgende an drei Standorten in ZH, SZ und TG müssen gehen.
- Vorschläge der Angestellten zur Weiterbeschäftigung könnten nicht umgesetzt werden.
Obwohl die Fallzahlen des Coronavirus noch hoch sind, hat das Contact Tracing seit dem Wegfall der Kontakt-Quarantäne weniger zu tun. In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Rückverfolgung von Ansteckungsketten zu einem beliebten Berufsfeld entwickelt, insbesondere als Nebenjob.
In den Kantonen Thurgau, Zürich und Schwyz ist damit jetzt Schluss, wie Nau.ch recherchiert hat: Mehrere Hundert Contact Tracer haben Ende Monat keinen Job mehr. Die besondere Lage endet voraussichtlich am 1. April.
Coronavirus: Massenentlassung von Contact Tracern in drei Kantonen
Gemäss einem Anwaltsschreiben an das Amt für Wirtschaft und Arbeit von letzter Woche, das Nau.ch vorliegt, entlässt die grosse Contact Tracing-Betreiberin JDMT AG auf Ende März im Thurgau 66 von 80 regelmässig beschäftigten Angestellten.
Infolge der Aufhebung der Quarantäne-Plicht für Kontaktpersonen sei man «leider dazu gezwungen, eine Massenentlassung vorzunehmen». Eine solche muss gemäss Obligationenrecht dem Kanton gemeldet werden.
Doch die Firma JDMT ist nicht nur vom Kanton Thurgau, sondern auch von Zürich und Schwyz mit der Kontaktverfolgung beauftragt. CEO Andreas Juchli bestätigt auf Anfrage, dass in allen drei Kantonen insgesamt rund 400 Mitarbeitende entlassen werden müssen. Betroffen sind die Standorte Pfäffikon ZH, Felben-Wellhausen TG, Pfäffikon SZ und Steinen SZ.
Juchli bedauert den Schritt sehr. «Als Arzt freue ich mich über die Entwicklung der Pandemie-Situation, doch als Arbeitgeber tut das sehr weh.» Er betont, dass versucht werde, Betroffene weiterzubeschäftigen oder sie bei der Jobsuche bestmöglich zu unterstützen.
Vorschläge zur Weiterbeschäftigung «nicht umsetzbar»
Eine Konsultation mit Arbeitnehmenden habe stattgefunden, aber nichts geändert, schreibt die juristische Vertretung ans Wirtschaftsdepartement. Auch rund 20 Vorschläge der Angestellten, wie sie sonst eingesetzt werden könnten, seien «nicht umsetzbar». Vorgeschlagen wurde unter anderem ein Contact Tracing anderer meldepflichtiger Krankheiten oder eine Anlaufstelle für Long Covid.
Für solche Tätigkeitsgebiete fehle jedoch ein staatlicher oder gesetzlicher Auftrag und damit die finanzielle Unterstützung. Bei der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürichs will man sich aus Datenschutzgründen nicht zum Fall äussern.
Vom Studentenjob zum Millionengeschäft
Im Thurgau wurde das Contact Tracing zum Coronavirus ursprünglich von der Lungenliga aufgebaut. Ab 1. Januar 2021 wurde es von JDMT übernommen. Die Firma war damals bereits vom Kanton Zürich und vom Kanton Schwyz mit dem gleichen Mandat betraut worden.
Insbesondere in Zürich entwickelte sich das Business mit dem Coronavirus schnell zum Millionengeschäft. Im Sommer 2020 war noch ein Budget von maximal 50'000 Franken pro Monat angesetzt. Dann sprach der Kanton praktisch monatlich mehr Geld für seine Kontaktverfolgung. Im November 3,25 Millionen Franken, Ende März knapp 8 Millionen Franken und im Oktober 2021 gar 13,2 Millionen Franken.
JDMT machte sich dabei als privater Partner des Gesundheitswesens schnell unentbehrlich. Von insgesamt rund 28 Millionen Franken sollen 22 Millionen Franken für JDMT reserviert gewesen sein, schrieb die «NZZ». Im März 2021 entschied die Regierung dann, dass der Auftrag nicht mehr öffentlich ausgeschrieben werden soll: Eine Kündigung des Vertrages mit JDMT hätte zur Folge, dass das Contact Tracing «nicht mehr sachgerecht durchgeführt werden könne».